Engelbert Humperdinck teilt mit Georges Bizet das Schicksal, dass sie beide zwar berühmte Opernkomponisten sind, aber eigentlich nur durch ein einziges Werk. Humperdinck gelang mit seiner Märchenoper Hänsel und Gretel 1893 auf Anhieb ein Welterfolg, an den er mit keinem anderen Werk mehr anknüpfen konnte. Bis heute zählt dieses Werk zu den am häufigsten aufgeführten Opern. Humperdinck wurde am 1. September 1854 in Siegburg am Rhein als Sohn eines Gymansiallehrers geboren. Seine Mutter erkannte und förderte die musikalische Begabung Engelberts. Mit sieben Jahren erhielt er Klavierunterricht und bereits mit vierzehn Jahren hatte er schon einige Operversuche vorzuweisen. Die meisten seiner Jugendwerke wurden allerdings bei einem Dachstuhlbrand am 3. November 1874 ein Raub der Flammen und sind verloren. Nach dem Abitur sollte Humperdinck Architektur studieren, wandte sich aber gegen den Willen des Vaters der Musik zu und studierte von 1872 bis 1876 am Konservatorium in Köln bei Ferdinand Hiller. Von Atemwegserkrankungen geplagt, musste er zwischenzeitlich das Studium immer wieder kurz unterbrechen. Nach Studienabschluss erhielt er den Preis der Frankfurter Mozart-Stiftung, der ihm den Lebensunterhalt für vier Jahre sicherte. Humperdinck übersiedelte nach München, wo er an der Musikschule bei Joseph Rheinberger und auf Empfehlung Hillers hin privat bei Franz Lachner studierte. Dort beeindruckte ihn die Aufführung des Ring des Nibelungen 1878 dermaßen, dass er dem Wagner-Verein „Orden vom Gral“ beitrat. 1881 erhielt er das Mendelssohn-Reisestipendium der Stadt Berlin, das ihm ein Studienjahr in Italien ermöglichte. Bei dieser Gelegenheit begab er sich nach Neapel, wo er am 9. März 1880 Richard Wagner treffen konnte. Nach anfänglicher Zurückhaltung war Wagner jedoch von Humperdinck so angetan, dass er ihn als Assistenten zur Vorbereitung der Uraufführung des Parsifal einlud. Nach Wagners Tod 1883 hielt Humperdinck den Kontakt zur Familie aufrecht und übernahm später sogar den Unterricht für Siegfried Wagner im Tonsatz. In den Folgejahren unternahm Humperdinck eine ausgedehnte Reise durch Spanien, an die sich eine entmutigende Suche nach einer auskömmlichen Festanstellung anschloss. Als bekanntem und bekennenden „Wagnerianer“ blieben ihm dabei viele Türen verschlossen. Zwischenstationen auf seiner Suche waren 1885 eine Stellung am Konservatorium in Barcelona, 1886 am Konservatorium in Köln, als Lektor beim Musikverlag B. Schotts Söhne in Mainz und als Musikkritiker bei der Bonner Zeitung. 1890 zog er nach Frankfurt am Main, um eine Stelle als Dozent am Hoch'schen Konservatorium anzutreten und als Opernreferent der Frankfurter Zeitung zu arbeiten. Seine Schwester Adelheid bat ihn, ein von ihr für ihre Kinder verfasstes Märchenspiel Hänsel und Gretel in Musik zu setzen. Dieses musikalische Märchenspiel im Familienkreis faszinierte Humperdinck selbst so sehr, dass er das Werk nach und nach zu einer großen Oper erweiterte, mit deren Uraufführung sich Humperdincks Situation schlagartig veränderte. Die Uraufführung fand am 23. Dezember 1893 in Weimar unter der musikalischen Leitung von Richard Strauss statt. Der Erfolg des „Kinderstuben-Weihfestspiels“ brachte ihm völlige finanzielle Unabhängigkeit. Er kaufte sich in Boppard ein Landhaus (das „Humperdinck-Schlösschen“) und konnte sich fortan ganz seinem Schaffen widmen. 1896 wurde ihm der Titel eines Professors verliehen und im Jahr 1900 folgte Humperdinck einer Berufung in den Senat der Akademie der Künste. Er zog mit seiner Familie nach Berlin, um die Meisterschule für musikalische Komposition an der Akademie zu übernehmen. Ab 1905 schrieb er auch Bühnenmusiken für Inszenierungen von Max Reinhardt am Deutschen Theater, hauptsächlich für Shakespeare-Produktionen, Am 28. Dezember 1910 feierte seine Oper Die Königskinder als Auftragswerk ihre erfolgreiche Premiere an der Met, ein dauerhafter Erfolg war dem Werk allerdings nur im angelsächsischen Raum beschieden. 1911 erlitt Humperdinck einen Schlaganfall, von dem er sich nie mehr richtig erholte. Bei einem Besuch seines Sohnes Wolfram in Neustrelitz, der dort als Regisseur die Oper Der Freischütz inszenierte, erlitt Humperdinck einen weiteren Schlaganfall, an dessen Folgen er am 27. September 1921 starb. Neben Hänsel und Gretel hinterließ Humperdinck noch ein Streichquartett, eine Maurische Rhapsodie, mehrere Schauspielmusiken, die Chorwerke Das Glück von Edenhall und Die Wallfahrt nach Kevelaar sowie die Opern Dornröschen (1902), Heirat wider Willen (1905), Die Königskinder (1910), Die Marketenderin (1914) und Gaudeamus (1919).
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