Wolfgang Schneiderhan The 1950 Concert Recordings
DG 477 5263
5 CD • 5h 56min • 1952-1960
16.03.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eine Jahrhundert-Aufnahme kehrt in den Katalog zurück: Wolfgang Schneiderhans Einspielung des Beethoven-Konzerts aus dem Jahr 1953 mit Paul van Kempen am Pult der Berliner Philharmoiker, mit der viele Musikfreunde aufgewachsen sind, war lange Zeit verdrängt durch die Stereo-Einspielung unter Jochum (mit der nicht recht überzeugenden Pauken-Kadenz) und den Konzertmitschnitt unter Furtwängler – beides hochrangige Aufnahmen, die jedoch nicht jene Aura der Vollkommenheit eigen ist, wie sie der vorliegenden Einspielung eignet. Der makellose, leuchtende Ton, die Lauterkeit von Schneiderhans Spiel, das keinen Seitenblick in Richtung geigerischer Zurschaustellung kennt, die Integrität und Natürlichkeit der Darstellung machen den exemplarischen Rang dieser Wiedergabe aus. Tempo und Ausdruck stimmen wie selbstverständlich überein, jeder Übergang ist organisch, jede Modifikation ist stimmig, und auch die Joachim-Kadenz fügt sich nahtlos in ein Ganzes von seltener Geschlossenheit. Auch nach fünfzig Jahren hat die Aufnahme nichts von ihrem Zauber verloren, und die Klangqualität stellt den DG-Toningenieuren des Mono-Zeitalters ein hervorragendes Zeugnis aus.
Amerikanisches Virtuosentum lag Schneiderhan ebenso fern wie Wiener Gemütlichkeit. Seine Arbeit war von der Suche nach adäquatem musikalischem Ausdruck und feinem Stilempfinden geprägt. Sein Mozart klingt unverzärtelt und glasklar artikuliert.
In dem einen Tag nach Beethoven in gleicher Besetzung aufgenommenen Brahms-Konzert verbindet sich – wie auch in der bei aller romantischen Expressivität stets noblen Wiedergabe von Bruchs g-Moll-Konzert – lyrische Freiheit mit rhythmischer Prägnanz aufs Vorteilhafteste. In Mendelssohns e-Moll-Konzert steuerte Ferenc Fricsay zu Schneiderhans eleganter Phrasierung eine ungemein luftige Begleitung bei, das gehaltene Tempo des Finales lässt das Wechselspiel feingliedriger Details zur Geltung kommen, das sonst meist der geigerischen Tour de force zum Opfer fällt. Die Bach-Konzerte, eingespielt mit den von Schneiderhan und seinem Schüler Rudolf Baumgartner gegründeten Festival Strings Luzern, warten mit kraftvoller Motorik in den Ecksätzen und schlackenloser Kantabilität in den Mittelsätzen auf. Schneiderhans Aufnahme der d-Moll-Partita, kernig im Ton, lupenrein in der Intonation und souverän in der Anlage, war berühmt – man kann nur bedauern, dass die übrigen Bach-Solowerke von ihm nie eingespielt wurden. Vivaldis Vier Jahreszeiten, eine der ersten Stereo-Produktionen des Werkes, erklingen hinreißend temperamentvoll und lebendig. An Schneiderhans Einsatz für zeitgenössische Musik erinnert die unübertroffene Einspielung von Frank Martins Violinkonzert unter der Leitung von Ernest Ansermet. Insgesamt fast sechs Stunden beglückendes Violinspiel und inspiriertes, werkdienliches Musizieren – eine hochwillkommene Veröffentlichung!
Sixtus König † † [16.03.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Vivaldi | ||
1 | Le quattro stagioni op. 8 | |
2 | Concerto grosso d-Moll op. 3 Nr. 11 RV 565 für 2 Violinen, Violoncello und Streicher (L' estro armonico) | |
Giuseppe Tartini | ||
3 | Violinkonzert d-Moll D 45 | |
Johann Sebastian Bach | ||
4 | Konzert a-Moll BWV 1041 für Violine und Orchester | |
5 | Konzert Nr. 1 E-Dur BWV 1042 für Violine und Orchester | |
6 | Konzert d-Moll BWV 1043 für 2 Violinen und Orchester | |
7 | Partita Nr. 2 d-Moll BWV 1004 für Violine solo | |
Ludwig van Beethoven | ||
8 | Konzert D-Dur op. 61 für Violine und Orchester | |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
9 | Konzert Nr. 5 A-Dur KV 219 für Violine und Orchester | |
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
10 | Konzert e-Moll op. 64 für Violine und Orchester | |
Max Bruch | ||
11 | Konzert Nr. 1 g-Moll op. 26 für Violine und Orchester | |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
12 | Violinkonzert Nr. 4 D-Dur KV 218 | |
Johannes Brahms | ||
13 | Konzert D-Dur op. 77 für Violine und Orchester | |
Frank Martin | ||
14 | Violinkonzert (1950/1951) |
Interpreten der Einspielung
- Wolfgang Schneiderhan (Violine)
- Festival Strings Lucerne (Orchester)
- Rudolf Baumgartner (Dirigent)
- Berliner Philharmoniker (Orchester)
- Hans Schmidt-Isserstedt (Dirigent)
- Paul van Kempen (Dirigent)
- Bamberger Symphoniker - Bayerische Staatsphilharmonie (Orchester)
- Wiener Symphoniker (Orchester)
- Ferdinand Leitner (Dirigent)
- Radio-Sinfonieorchester Berlin (Orchester)
- Ferenc Fricsay (Dirigent)
- Orchestre de la Suisse Romande (Orchester)
- Ernest Ansermet (Dirigent)