cpo 999 791-2
2 CD • 2h 11min • 2000
29.07.2002
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Kirchenmusiker Hermann Max als Operndirigent? Warum nicht, hat doch Johann Christian Bach seine Karriere auch als Domorganist in Mailand begonnen, um schließlich auf der Londoner Opernbühne zu landen. Und in der Tat scheinen sich in seinem letzten großen Werk, La Clemenza di Scipione (1778), Qualitäten beider Felder zu ergänzen: Der vorwärtstreibenden, unmittelbaren dramatischen Kraft steht ein Sinn für Wesentliches und für gute Proportionen gegenüber. Der Chor spielt eine größere Rolle als noch zu Händels Zeiten, die inzwischen überholten Konventionen der Dacapo-Arie sind zugunsten einer höheren Stringenz aufgegeben, und das dramaturgisch wie musikalisch entzerrte Geschehen wirkt wesentlich plausibler.
Diese erfreulichen kompositorischen Stärken sind in der vorliegenden Interpretation sehr gut zu erkennen. Aufbauend auf dem geschmeidigen Orchesterklang und der eleganten Artikulation des Kleinen Konzerts schlägt Hermann Max einerseits weite Bögen, was den Arien ein gutes Format verleiht; andererseits weiß er mit sparsamen Impulsen eine durchaus hohe Binnenspannung aufzubauen, so daß diese Opera seria sich bei allem Charme nicht allein an der Oberfläche abspielt. Das Solistenquintett singt auf hohem Niveau, wobei Markus Schäfer als Titelheld und Linda Perillo als Arsinda besondere Anerkennung verdienen. An Jörg Waschinski, einem der wenigen Sopran-Falsettisten unserer Tage, gefallen sein inzwischen gut kultiviertes Timbre und seine Diktion, wenngleich seine Koloraturen noch nicht dieselbe Präzision haben wie die der beiden Sopranistinnen dieser Aufnahme.
Für das Opernrepertoire zwischen Händel und Mozart, aber auch für das Verständnis des jüngsten der „großen“ Bach-Söhne ist diese Produktion eine bemerkenswerte Bereicherung.
Dr. Matthias Hengelbrock [29.07.2002]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Christian Bach | ||
1 | La Clemenza di Scipione (Opera seria in 3 Akten, London 1778) |
Interpreten der Einspielung
- Linda Perillo (Arsinda - Sopran)
- Christine Wolff (Idalba - Sopran)
- Jörg Waschinski (Luceio - Sopran)
- Markus Schäfer (Scipione - Tenor)
- Hans-Jörg Mammel (Marzio - Tenor)
- Rheinische Kantorei (Chor)
- Das Kleine Konzert (Orchester)
- Hermann Max (Dirigent)