Johannes Matthias Sperger
Double Bass Concertos 1 & 2 • Sinfonia No. 15
cpo 555 404-2
1 CD • 60min • 2020
11.05.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Kontrabass, dieses Kleinmöbel, das das Fundament der Zarathustra-Fanfare bildet, im Flageolett das lustvolle Stöhnen Salomes symbolisiert, bevor Naaman zuschlägt und in Mahlers Auferstehungssymphonie vom Weltuntergang dräut, als elegant-virtuoses, klassisches Soloinstrument? Kann doch nicht sein! Doch, es kann sein, denn der Vater aller Kontrabassvirtuosität hieß Johannes Matthias Sperger und lebte von 1750 bis 1812. Er leistete vielleicht mehr für die Kontrabasstechnik wie der nur wenig jüngere Giovanni Battista Viotti für die Geige. Allerdings war es um seine Nachfolge nicht so einfach bestellt, da Sperger einen Wiener Kontrabass nutzte, dessen fünf Saiten in gambenartiger Terz-Quart-Stimmung auf F-A-d-fis-a gestimmt waren. Diese Stimmung ermöglicht andere Doppelgriffe und Flageoletts als der heute übliche Solo-Kontrabass, der in Quarten auf Fis-H-e-a – d.h., einen Ganzton höher als der normale Orchesterkontrabass – gestimmt wird und für den auch die anderen Werke der Kontrabassvirtuosen Sergej Kussewitzki, Domenico Dragonetti und Giovanni Bottesini komponiert wurden. Deshalb drucken Neuausgaben die Solostimme grundsätzlich im Original und mit einer Einrichtung für die heute üblichen Instrumente.
Gambe im Großformat
Sperger führt den Kontrabass vorzugsweise in Alt-Tenor-Lage, was ihm den Charakter einer – auch durch die Bauart mit hochgezogenen Zargen bedingten – überdimensionierten, leicht nasalen Viola da Gamba mit einem Umfang von über vier Oktaven verleiht. Manche Passagen müssen jenseits des Griffbretts gespielt werden. Flageoletts erreichen das dreigestrichene a, das im 18. Jhd. bereits in den Bereich virtuoser Violintechnik gehörte.
Aberwitzige Virtuosität
Wie bereits in der Vorgängeraufnahme erweist sich Roman Patkoló als souveräner Meister seines Instruments. Wo gesungen werden muss, singt er belcantistisch, wo flirrend virtuos gezaubert werden muss, ist er gleichsam in seinem Element. Ebenso, wenn es um das Anbringen stilsicherer Kadenzen geht. Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim unter Douglas Bostock ist an allen Pulten hervorragend besetzt, wobei den Bläsern selbstverständlich immer ein Extra-Lob gebührt, wenn sie so klangschön wie in dieser Aufnahme musizieren. Sie gestalten den Orchesterpart im Geiste historisch informierter Aufführungspraxis höchst subtil und besonders in der dem frühen Haydn nahestehenden Sinfonie Nr. 15 mit engagiertem Verve.
Für meinen Geschmack wurden die Mikrofone arg direkt platziert, was der Transparenz dient, aber recht kühl wirkt. Klaus Trumpf darf sich für seinen exzellenten Booklet-Text aussuchen, ob er im Skat als Kreuz-Bube oder im Schafkopf als Eichel-Ober fungieren möchte.
Fazit: Die erste Patkoló-CD mit Sperger-Kompositionen hat es bereits in meine Jahresliste geschafft, diese könnte folgen. Herzlichsten Dank an cpo für die zweite CD, die Spergers interessantes Schaffen der Öffentlichkeit erschließt. Sonnige, aufmunternde Musik im Stil des mittleren Haydn, der es wundersam gelingt, schlechte Laune zu vertreiben. Für Kontrabassisten ein Pflichtkauf. Für den geneigten Klassik-Hörer ein Lustkauf. Eindeutige Empfehlung meinerseits.
Thomas Baack [11.05.2021]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Matthias Sperger | ||
1 | Konzert Nr. 1 D-Dur für Kontrabass und Orchester | 00:19:18 |
4 | Sinfonia A-Dur | 00:17:37 |
8 | Konzert Nr. 8 D-Dur für Kontrabass und Orchester | 00:23:18 |
Interpreten der Einspielung
- Roman Patkoló (Kontrabass)
- Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim (Orchester)
- Douglas Bostock (Dirigent)