Johann Franz Xaver Sterkel
Symphonies op. 11/2 & 11/ 3 • Piano Concerto op. 26/3

cpo 555 639-2
1 CD • 68min • 2023
17.07.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Nachdem sich Nataša Veljkovic und Johannes Moesus bereits höchst erfolgreich mit den Werken des Beethoven-Zeitgenossen Joseph Woelfel auseinandergesetzt haben, ergreifen sie jetzt das Panier des zu Lebzeiten als Pianist und Komponist ebenfalls hochgeachteten Priesters Johann Franz Xaver Sterkel (1750-1817), dessen frühe, um 1785 entstandene Sinfonien neben denen Gossecs und Haydns in Paris für Furore sorgten. Sein C-Dur-Klavierkonzert, entstand ebenfalls in diesen Jahren.
Ein Unterfranke aus Würzburg
Johann Franz Xaver Sterkel (1750–1817) war ein von seinen Kollegen geschätzter fränkischer Komponist, Pianist und Organist, dessen Werk eine Brücke von der frühen Klassik zur frühen Romantik schlägt. Geboren am 3. Dezember 1750 in Würzburg, erhielt er eine fundierte musikalische Ausbildung bei Hoforganist Adam Kette und Johann Michael Weismandel. Parallel dazu absolvierte er ein Theologiestudium an der Universität Würzburg und wurde 1778 zum Priester geweiht, was seine kirchlichen Rollen wie die des Kaplans am Mainzer Hof ermöglichte. Seine Karriere führte ihn von Würzburg nach Mainz, Italien und Aschaffenburg, wo er als Musiker und Komponist wirkte. Sterkels Leben spiegelt den Übergang von höfischer zu bürgerlicher Musik wider. 1778 begann er als Kaplan und Musiker in Mainz, unterbrochen durch eine Italienreise (1779–1782), wo er als Pianist auftrat und seine Oper Il Farnace in Neapel uraufführte. Der italienische Stil prägte seine Kompositionen durch melodische Eleganz und Virtuosität.
Zurück in Mainz wirkte er als Kanonikus, später in Aschaffenburg als Musikdirektor (1810–1814), wo er besonders produktiv war. Seine Werke beeindruckten Größen wie Beethoven, und Mozart, der ihn 1777 in Mannheim hörte. Auch Muzio Clementi zollte ihm mit einem Preludio alla Sterkel Respekt. Sterkels Œuvre umfasst Sinfonien, Konzerte, Klaviersonaten, Kammermusik und Vokalwerke. Seine Kompositionen zeichnen sich durch klare Strukturen, virtuose Klavierpassagen und galante Leichtigkeit aus, zeigen aber in späteren Werken romantische Ansätze. Seine Sinfonien Opus 7 und Opus 11, die vielfach in Deutschland und Paris (Concerts spirituels) aufgeführt wurden, belegen den internationalen musikalischen Austausch seiner Zeit. Trotz seiner damaligen Bedeutung geriet Sterkel lange in Vergessenheit. Heute kümmert sich die Sterkel-Gesellschaft um seinen Nachruhm.
Virtuose Heiterkeit
Sterkel wurde von seinem Zeitgenossen C.F.D. Schubart als „Dur-Komponist“ bezeichnet. Sieht man das Werkverzeichnis durch, finden sich tatsächlich keine Kompositionen in Moll, was nicht heißt, dass melancholisch-elegische Abschnitte dort völlig fehlen würden. Allerdings fungieren sie immer als Kontrast. Seine Melodiegestaltung orientiert sich eher an Giovanni Paisiello und Domenico Cimarosa als an Haydn. Die Sinfonien op. 11 sind in ihrer Dreisätzigkeit – ohne Menuett – noch von der italienische Opern-Sinfonia geprägt. In den Kopfsätzen ist die Sonatenhauptsatzform – ohne Wiederholung der Exposition – nurmehr angedeutet. Eher möchte man hier das Modell der Da-Capo-Arie mit kontrastierendem Mittelteil annehmen.
Sterkel galt als einer der bedeutendsten Pianisten seiner Zeit, der über ein großes Repertoire an Anschlagsnuancen verfügte. Obwohl sein C-Dur Konzert op. 23,3 bereits den Schwierigkeitsgrad der beiden ersten Beethoven-Konzerte aufweist und in den Dialogen mit den Bläsern die etwas späteren großen Mozart-Konzerte vorwegnimmt, schätzte er diese Gattung nicht sonderlich und zog kammermusikalische Besetzungen mit obligatem Klavier vor, was selbstverständlich auch an der relativen Klangschwäche der damaligen Instrumente lag.
Brillante Interpretation
Johannes Moesus und sein Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim musizieren auf modernen Instrumenten, sind aber mit allen Wassern historisch informierter Aufführungspraxis gewaschen. Da wird mit nur wenig Vibrato feinstens artikuliert. Jede Phrase bekommt die ihr zukommende Mikro-Agogik und den entsprechenden Zug. Wie in allen bisherigen Aufnahmen verdienen die Bläser ein Sonderlob.
Nataša Veljkovic setzt ihre äußerst differenzierte Klang- und Anschlagspalette mit traumhafter Stilsicherheit ein. So kann sie Passagen, die auf dem Papier etüdenmäßig ausschauen, eine ungemeine Spannung verleihen. In ihrer Kadenz deutet sie frühromantische Harmonien bereits an und ergänzt auf diese Weise das Konzert optimal. Man fragt sich, wieso ihr bisher noch niemand das Epitheton „eine der führenden Pianistinnen Europas“ zuteilwerden ließ. Da fielen mir sicherlich einige „Stars“ ein, die einer so feinziselierten Goldschmiedearbeit nicht fähig sind.
Ein weiterer Pluspunkt der Produktion ist der fundierte und umfangreiche Booklet-Text vom Spiritus rector der Sterkel-Gesellschaft Aschaffenburg, Joachim Fischer. Auch die Aufnahmetechnik hält dieses hohe Niveau.
Fazit: Kurzweilige Klassik mit Italianità aus Unterfranken, höchst gekonnt serviert. Hat eine Chance auf meiner Jahres-Bestenliste zu landen und wird wärmstens empfohlen.
Thomas Baack [17.07.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Franz Xaver Sterkel | ||
1 | Sinfonie Es-Dur op. 11 Nr. 3 StWV 127/3 | 00:16:48 |
4 | Klavierkonzert Nr. 4 C-Dur op. 26 StWV 151 | 00:37:23 |
7 | Sinfonie C-Dur op. 11 Nr. 3 StWV 127/2 | 00:13:35 |
Interpreten der Einspielung
- Nataša Veljković (Klavier)
- Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim (Orchester)
- Johannes Moesus (Dirigent)