Oper Köln: Philippe Manoury – ‘Die letzten Tage der Menschheit’
Uraufführung und damit letzte Neuproduktion der Saison am 27. Juni 2025

Die letzten Tage der Menschheit, eine zwischen 1915 und 1919 vom Wiener Satiriker und Polemiker Karl Kraus (1874-1936) verfasste, äußerst umfangreiche Tragödie, beschreibt eine sich in einen verheerenden Krieg stürzende Welt, in dem sie ihr Menschsein verliert und zum Untergang verdammt ist. Das in fünf Akte (einer für jedes der fünf Jahre des Ersten Weltkriegs) mit Prolog und Epilog unterteilte Werk umfasst über 700 Seiten, wird mitunter als megaloman bezeichnet und sprengt die Grenzen des Theaters.
Adaption im Auftrag der Oper Köln
Die Adaption dieses Werkes im Auftrag der Oper Köln wurde vom Komponisten Philippe Manoury gemeinsam mit dem Regisseur Nicolas Stemann und dem Dramaturgen Patrick Hahn verfasst. Das entstandene „Thinkspiel“ besteht aus zwei großen Teilen für Gesangssolisten, Schauspieler, Chor, Orchester und Live-Elektronik.
Opernfassung von Philipp Manoury
Der Franzose Philippe Manoury (Jg. 1952) ist nicht nur einer der bedeutendsten lebenden französischen Komponisten, sondern ein einflussreicher Forscher und Wegbereiter im Bereich der Musik mit Live-Elektronik. So ist er seit Langem dem renommierten Studio IRCAM (Institut de recherche et coordination acoustique/musique) verbunden; neben dem Kölner Studio für elektronische Musik ist das in den späten siebziger Jahren von Pierre Boulez mitbegründete IRCAM die weltweit führende Einrichtung zur Erforschung der elektronischen Musik. Die Software für die Live-Elektronik sowie sämtliche den Klang betreffende Faktoren werden hier vom Koproduktionspartner IRCAM betreut. Die multimediale Inszenierung liegt in den Händen des Berliner „Instituts für Experimentelle Angelegenheiten“, kurz IXA.
Aktueller Bezug
Kraus zufolge enthält sein Buch sehr viel dokumentarisches Material: Sätze, die er in Wien auf der Straße gehört hat, Dialekte, Slang, komische, tragische und surrealistische Szenen vermischen sich miteinander. Unter der musikalischen Gesamtleitung von Peter Rundel stehen Sprache und Gesang, Video und Bühnenmaschinerie, Schauspiel und Oper, sinfonisches Orchester und elektronische Klänge gleichberechtigt nebeneinander. Dieses „Thinkspiel“ steht als Gleichnis für die heutige Situation: Der endlose Krieg und die drohende Zerstörung im großen Stil, die Karl Kraus bereits ankündigte, sind heute Teil der Welt, noch beschleunigt durch den Fortschritt der Kommunikationsmedien.
Große Zahl an Mitwirkenden
Die zahlreichen Mitwirkenden werden, wie in Kraus' Vorlage, keine konkreten Charaktere spielen, sondern eine Vielzahl verschiedener Figuren verkörpern. Nur die Gestalt „Angelus Novus“ benannt nach einem Gemälde von Paul Klee, das aktuell im Berliner Bode-Museum zu sehen ist, wohnt hilflos dem Untergang der Menschheit bei: Diese Rolle wurde speziell für die berühmte schwedische Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter geschrieben. Unter den weiteren Sängern stehen u.a. Emily Hindrichs und KS Miljenko Turk aus dem Opernensemble auf der Bühne, die sich besonders für das zeitgenössische Repertoire begeistern. Der u.a. aus zahlreichen „Tatort"-Folgen bekannte Sebastian Blomberg und die vom Burgtheater bis zum Schauspielhaus Zürich präsente Patrycia Ziolkowska konnten für die Sprechrollen engagiert werden.
Die letzten Tage der Menschheit
Thinkspiel in zwei Teilen - Uraufführung
für Sänger, Schauspieler, Chor, Orchester und Live-Elektronik
Libretto nach Karl Kraus von Patrick Hahn, Philippe Manoury und Nicolas Stemann Koproduktion mit IRCAM Centre Pompidou
Inszenierung Nicolas Stemann
Bühne Katrin Nottrodt
Klangregie, Live-Elektronik, Software-Entwicklung, Sounddesign IRCAM
Angelus Novus Anne Sofie von Otter
Chor der Oper Köln, Gürzenich-Orchester Köln
Musikalische Leitung Peter Rundel.
UA 27. Juni 2025 um 18.00 Uhr im Saal 1 des Staatenhauses Köln
Weitere Aufführungen am 29. Juni 16.00 Uhr, 04. Juli 18.00 Uhr, 06. Juli 18.00 Uhr, 09. Juli 18.00 Uhr (zum letzten Mal in dieser Spielzeit).