Niklas Schmidt
Gesänge des Lebens Chants of Life
FontenayClassics FCl015
1 CD • 69min • 2020
04.03.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zu einem erfüllten künstlerischen Leben kann auch manchmal eine kreative Pause gehören. Die gönnte sich der Cellist Niklas Schmidt Anfang der 2000er Jahre. Diese Form von temporärem Auftanken machte danach umso produktiver. Mit einem „neuen“ Instrument, einem Rogeri-Cello aus dem Jahr 1700 eroberte er sich Bachs Cello-Suiten zurück. Viele produktive Jahre später ist Zeit für eine umfassende Lebensbilanz: In seinen „Gesängen des Lebens“ bilanziert das Gründungsmitglied des Trio Fontenay alles, was ihm viel bedeutet: Länder und ihre Musikkulturen, musikalische Stilepochen, aber auch große Interpreten, deren Klangideale im Spiel von Niklas Schmidt hörbar fortleben.
Es sind ausdrucksfähige Tongedichte, ebenso viele Charakter- und Bravourstücke, welche sich Niklas Schmidt und sein kompetenter Klavierpartner Stepan Simonian vorgenommen haben. Die einfühlsame Gesamtschau ist dabei hörbares Anliegen: Fröhlich und leicht-beschwingt zeugt ein Rondo von Jean Sibelius gleich zu Anfang von großer Spiellust. Dass Niklas Schmidt den finnischen Komponisten als Seelenverwandten ansieht, demonstrieren er und sein Klavierpartner Stepan Simonian im Stück Malinconia – einer weitgespannten, schwelgerisch-sinfonischen Klanglandschaft.
Hommage an einen Jahrhundertcellisten
Auch die russische Seele liegt Niklas Schmidt am Herzen – in einer Romanze von Rachmaninow und mehr noch in der C-Dur-Cellosonate von Sergej Prokofjew. Und damit erweist sich diese CD auch als Hommage an den Widmungsträger gerade dieser Komposition, an den „Jahrhundertcellisten“ Mstislav Rostropowitsch.
Den Horizont des Hörers erweitern viele selten erklingende Meisterwerke, etwa das Charakterstück Waldesruh von Antonin Dvořák. Es ist ein inniges Plädoyer, dass man dem großen böhmischen Komponisten auch aus der Cello-Perspektive heraus Unrecht tut, wenn man ihn auf sein weltberühmtes h-Moll-Konzert reduziert. Ebenso überrascht eines der Mendelssohnschen Lieder ohne Worte, die eben nicht ausschließlich nur für Klavier geschrieben worden sind. In tief melancholische Dimensionen geht die Reise, wenn sich das Duo in Ernest Blochs Jewish Prayer hinein versenkt. Wieder helle, leuchtende Farben lässt ein rasantes Bravourstück von Francisco Schubert über eine Biene aufblitzen, bis dann der Der Schwan aus Camille Saint-Saens Karneval der Tiere in seiner ganzen Pracht auflebt.
Klingende Lebensaspekte
Neben solchen beliebten Kostbarkeiten, die von diesem Duo in ein ganz persönliches Licht getaucht werden, eröffnen eine zupackende Trilogie von Nadia Boulanger und eine sehr spanisch eingefärbte Komposition von Pablo Casals weitere interessante Entdeckungen. Noch viel mehr zu entdecken und vor allem nachzufühlen gibt es in dieser subjektiven Werkschau. Dass diese nie Zufall sind, sondern immer ganz spezifische Lebensapekte in der Vita des Interpreten beleuchten, wird bei der Lektüre des fantasievoll gestalteten Booklets deutlich.
Der Klang dieses Duos stellt unmissverständlich klar, dass es Niklas Schmidt und seinem Partner um das Kultivieren tief verinnerlichter Schätze geht. Rein spielerisch betrachtet, bevorzugt Schmidt das singende Spielideal alter Schule, den aufblühenden Ton mit ausgiebigem Vibrato – dieser Klang offenbart Wärme und Innigkeit, lässt dabei durchaus das Charisma eines Pablo Casals oder Mstislav Rostropowitsch aufleben – man fühlt sich bei der ganzen Wärme dieses Klangbilds durchaus angenehm ins Analogzeitalter versetzt.
Stefan Pieper [04.03.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Jean Sibelius | ||
1 | Rondino (Fünf Stücke op. 81 Nr. 2) | 00:02:03 |
Selim Palmgren | ||
2 | Violoncello op. 114 Nr. 1 (À Gaspar Cassadó) | 00:03:12 |
Jean Sibelius | ||
3 | Malinconia op. 20 | 00:11:14 |
Sergej Rachmaninow | ||
4 | Oh nein, ich flehe, geh nicht von mir op. 4 Nr. 1 | 00:01:39 |
Sergej Prokofjew | ||
5 | Sonate C-Dur op. 119 für Violoncello und Klavier | 00:04:57 |
Antonín Dvořák | ||
6 | Waldesruhe op. 68 Nr. 5 (Aus dem Böhmerwald) | 00:05:23 |
Carl Maria von Weber | ||
7 | Adagio & Rondo B-Dur | 00:05:10 |
Johann Sebastian Bach | ||
8 | Herzlich tut mich verlangen BWV 727 (Orgelchoral) | 00:01:52 |
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
9 | Romance sans paroles D-Dur op. 109 für Violoncello und Klavier (dédiée à Mlle. Lise Christiani) | 00:04:31 |
Ernest Bloch | ||
10 | Prayer (aus: From Jewish Life) | 00:04:12 |
François Schubert | ||
11 | Die Biene e-Moll | 00:01:20 |
Camille Saint-Saëns | ||
12 | Le Cygne (Der Schwan - aus: Der Karneval der Tiere) | 00:02:44 |
Claude Debussy | ||
13 | Nocturne et Scherzo für Violoncello und Klavier | 00:05:25 |
Gabriel Fauré | ||
14 | Sicilienne g-Moll op. 78 für Violoncello und Klavier | 00:03:47 |
Nadia Boulanger | ||
15 | Pièce Nr. 3 cis-Moll für Violoncello und Klavier | 00:02:27 |
Pablo Casals | ||
16 | El cant dels ocells für Violoncello und Klavier | 00:02:40 |
Maurice Ravel | ||
17 | Pièce en forme de Habanera | 00:02:33 |
Enrique Granados | ||
18 | Andaluza op. 37 Nr. 5 | 00:03:42 |
Interpreten der Einspielung
- Niklas Schmidt (Violoncello)
- Stepan Simonian (Klavier)