Max Bruch
Complete Works for Violin & Orchestra Vol. 3
cpo 777 847-2
1 CD • 69min • 2015
09.01.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Da ist er noch einmal, der ernste, entsagungsvolle, herb kontrapunktisch aufgeladene: deutsche Klang. 1910 – Arnold Schönbergs auch heute noch avantgardistische Erwartung lag schon vor – fasste der alte Max Bruch in seinem Konzertstück fis-Moll op. 84 noch einmal an tonaler Ordnung zusammen, was um die Jahrhundertwende von den nun tonangebenden Komponisten preisgegeben worden war. Es ist nach drei Violinkonzerten, von denen nur das frühe erste in g-Moll bis heute gern gespielt wird, das letzte Mal, dass er für Violine und Konzerte schreibt. Grimmiger hätte er seinen historisch schon verlorenen Posten nicht behaupten können.
Wie schon in den ersten beiden Folgen präsentieren sich Antje Weithaas und die NDR Radiophilharmonie unter Hermann Bäumer als Idealbesetzung für diesen Abschluss der kleinen Reihe mit Max Bruchs Werken für Violine und Orchester bei cpo. Man kann sich kaum vorstellen, dass man das sehr viel anders spielen kann als Weithaas. Ihr Ton kann beizeiten belcantistische Süße einfließen kann, doch wirkt er nie süßlich. Im Gegenteil spielt sie meist mit Kraft, was besonders in den Kopfsätzen des Violinkonzertes Nr. 3 und des Konzertstücks zu einem geradezu mahnenden Deklamationston führt, der dabei doch ganz unsentimental bleibt. Phänomenal ist wiederum, wie schon bei der letzten Folge, die Bedeutungsfülle, die sie in dieser Musik auffindet; jede Phrase wird mit Sinn erfüllt, äußert sich in einer freien Klangrede, kommuniziert mit dem Hörer.
Das Zentrum dieser Kompilation ist das abschließende Adagio des Konzertstücks, in welchem Weithaas´ zauberischer Gesang geradezu auratisch leuchtet. In diesem späten Stück wird in knapper zeitlicher Dimension konzentriert, was sich im letzten der drei Violinkonzerte d-Moll op. 58 von 1891 mit symphonischem Atem auf 40 Minuten erstreckt. Hier ist es das Verdienst Antje Weithaas´ und Hermann Bäumers, die einzelnen Charaktere der drei Sätze zu schärfen, die weltabgewandte Stimmung des Adagios gegen die klassizistisch gebändigte Tragik des Kopfsatzes auf der einen, die gemessene, motorisch aufgeladene Heiterkeit des Finales auf der anderen Seite. Was diese Einspielung nicht nur zu einem würdigen Endstück der Totale macht, sondern zu einer neuen Referenzaufnahme des 3. Konzertes, ist die ruhige Entschlossenheit, mit der die Großform dieses Brockens als ein Ganzes bewältigt wird.
Auch liegt seitens der Orchesterbegleitung durch die NDR Radiophilharmonie die ausgereifteste Leistung vor. Hermann Bäumer gibt in den leisen Passagen nicht der leicht effekthascherischen Neigung zum Verschwinden nach, die bei der Aufnahme des zweiten Konzertes noch etwas gestört hatte, sondern verleiht auch dem echten Pianpianissimo der Streicher tragfähige Substanz. Im Ganzen ist die Orchesterkulisse äußerst behutsam modernisiert, an einem sehnigen, gut definierten Klang orientiert, der eine transparente Entzerrung der Linien und eine luftige Balance der einzelnen Gruppen zueinander ermöglicht; die Pauke etwa darf mit weichen Schlegeln grundieren, muss nicht pseudo-authentisch hart klöppeln. Das ist nicht etwa bloß ein Detail: Bäumer verwirklicht hier keinen historisierenden Stil, sondern entwirft den Klang ausschließlich gemäß den Bedürfnissen der Werke. Eine wunderbare Zugabe schließlich ist die 1874 Romanze a-Moll op. 42, die sich auf zärtliche Weise dem Geist Robert Schumanns anschmiegt und jeden Hörer für diesen sperrigen Komponisten einnehmen sollte.
Prof. Michael B. Weiß [09.01.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Max Bruch | ||
1 | Violinkonzert Nr. 3 d-Moll op. 58 | 00:40:01 |
4 | Konzertstück op. 84 für Violine und Orchester | 00:18:15 |
6 | Romanze a-Moll op. 42 | 00:10:30 |
Interpreten der Einspielung
- Antje Weithaas (Violine)
- NDR Radiophilharmonie (Orchester)
- Hermann Bäumer (Dirigent)