Dreaming And Waking
Iris Lichtinger, Axel Wolf
Perfect Noise PN 2205
1 CD • 60min • 2021
04.03.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Tagebücher des englischen Marine-Beamten und begeisterten Amateur-Musikers Samuel Pepys geltes als einzigartiges Dokument: Pepys notierte Alles, was er im London der 1660er Jahre erlebte. Als die Große Pest ausbrach und bald ein Fünftel der Einwohner dahinrafft, sinniert er über den Unterschied zwischen Träumen und Wachen. Diese Zeilen inspirierten zwei Augsburger Musiker, die Flötistin Iris Lichtinger und den Lautenisten Axel Wolf, zu ihrem Album „Dreaming and Waking“. Ihr Projekt verwirklichten die beiden Experten für historische Aufführungspraxis in den Lockdown-Wochen. „Musik ist für mich ein Mittel, um Heilendes oder Tröstliches zu kommunizieren“, erklärt Lichtinger im Booklet.
Verträumt oder fröhlich
Höhepunkt ist eine Duo-Sonata von Sylvius Leopold Weiss, der als Star-Lautenist am Dresdener Hof wirkte. Lichtinger und Wolf offenbaren die große Expressivität des Komponisten Weiss; sie verbinden bravouröse Virtuosität mit einem noblen, diskreten Klang. Die Stimmen wickeln sich wie Blütenranken umeinander.
Stille Traumversunkenheit und quirlige Lebenslust – zwischen diesen Polen bewegen sich auch die übrigen Stücke. Johann Hieronymus Kapsbergers Lauten-Toccata bietet ein anmutiges Beispiel für barocke Verträumtheit. Axel Wolf spielt sie so zart und versunken wie ein Gebet.
Soweit man weiß, weilten weder Weiss noch Kapsberger je in London. Sie orientierten sich eher nach Rom. Das London-Motto des Albums wirkt daher hier etwas weit hergeholt – zumal die barocke Affektenlehre in ganz Europa verbreitet war.
Flötenklänge unterm Wolkenhimmel
Als waschechter Engländer hat es jedoch der Komponist Solomon Eccles auf das Album geschafft, in dessen Miniatur Bellamira die Flöte, wie von der Tarantel gestochen, Vollgas gibt. Die klanglichen Einschränkungen der Blockflöte macht Lichtinger mit einer einfallsreichen, höchst differenzierten Phrasierung wett.
Für ihre Aufnahme gingen die Musiker in den Felicitas-Saal des Augsburger Maximilianmuseums, wo sie die Mikrophone unter dem Wolkenhimmel einer Renaissance-Deckenmalerei aufbauten. Die Einspielung besticht mit einem warmen, natürlichen Klang, wurde doch auf künstliche Klangformung verzichtet.
Antje Rößler [04.03.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Gottfried Finger | ||
1 | A Ground (aus 40 Airs Anglois pour la Flûte à un Dessus & une Basse, Livre Troisième) | 00:04:04 |
2 | Ciacona - Sonata X op. 3 Nr. 10 (aus Dix Sonates à 1 Flûte & 1 Basse Continue, Opera Terza) | 00:02:59 |
3 | Ciacona - Sonata VIII op. 3 Nr. 8 (aus Dix Sonates à 1 Flûte & 1 Basse Continue, Opera Terza) | 00:02:18 |
Giacomo Carissimi | ||
4 | Sonata d-Moll (aus Album of selected Pieces for One or Two Flutes by Charles Babel) | 00:05:21 |
Solomon Eccles | ||
8 | Bellamira (aus The Division Flute) | 00:02:17 |
Giovanni Girolamo Kapsberger | ||
9 | Toccata (aus Libro Primo di Lauto del Sig. Girolamo Kapsberger) | 00:03:00 |
10 | Corrente (aus Libro Primo di Lauto del Sig. Girolamo Kapsberger) | 00:02:07 |
Benedetto Marcello | ||
11 | Suonata a flauto solo op. 2 Nr. 12 (aus XII Suonate a Flauto Solo con il suo Basso Continuo) | 00:09:15 |
Giuseppe Sammartini | ||
16 | Sonata a flauto solo (MS Parma Nr. 16) | 00:06:06 |
Giovanni Zamboni | ||
19 | Sonata VI (aus Sonate d'Intavolatura di Leuto, Lucca 1718) | 00:08:46 |
Sylvius Leopold Weiss | ||
23 | Sonata VI (aus The London Manuscript) | 00:11:03 |
Anon. | ||
27 | An Italian Ground (aus The Division Flute II) | 00:02:55 |
Interpreten der Einspielung
- Iris Lichtinger (Flöte)
- Axel Wolf (Laute)