Georg Philipp Telemann
Kantaten - Französischer Jahrgang Vol. 2
cpo 555 437-2
2 CD • 2h 13min • 2021
26.01.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die zweite Folge aller Kantaten des „Französischen Jahrgangs 1714/1715“ von Georg Philipp Telemann ist wieder eine glorreiche Unternehmung. Und man ist erstaunt, ja verblüfft, ob der hohen, stets wortgezeugten Kompositionskunst Telemanns – vor allem in den Rezitativen, die ja schnell langweilen können – und ob der großen Vielfalt in einer kompakten, am Szenenaufbau der französischen Oper Lullys orientierten Struktur mit vielen französischen Tanzformen sowie der oft ausgefallenen Klangfarben. Demzufolge schwärmt das kenntnisreiche und ausführliche Booklet mit Recht und weist insbesondere darauf hin, dass die Bezeichnung „Französische Kantaten“ daher rührt, dass Telemann sich hier dem französischen Stil verschreibt, auch mit den typisch punktierten Ouvertüren.
Hurtig purzelnde Oboen-Töne
So fliehen die „schnöden Sorgen“ in eiligen melodischen Figurationen, umschwirrt von hurtig-lebendig dahinpurzelnden Oboen-Tönen (CD 1, Track 4), so schildert der Bassist furios und bewusst hässlich die teuflische Welt, von den Oboen mit abgehackten Quintsprüngen unterstützt (CD 1, Track 12), so lebt der Sopran und stirbt der Bass melismenreich (CD 1, Track 15 und 19), denn „im Glauben sterben“ heißt ewig leben, und wenn der Schrecken besungen wird (CD 1, Track 24), zittert die Melodie des Bassisten schreckhaft. Ein allerliebstes Echo-Duett (CD 1, Track 23) der Frauenstimmen gefällt ebenso wie eine Bass-Arie mit zwei obligaten Fagotten (CD 2, Track 16).
Die insgesamt acht Solisten, die den Gutenberg Soloists entstammen, gestalten diese ungemein abwechslungsreichen Arien und Rezitative mit ausgefeilter Diktion und wortverständlicher Artikulation, besitzen alle ein sehr natürliches Timbre und singen werkdienlich, das heißt, inszenieren sich nicht als eitel-selbstgefällige Solisten, sondern dienen dem Gesamtwerk.
Kriegerische Festlichkeit
Der Chor, also die Gutenberg Soloists, ist in jeder Stimme dreifach besetzt, ist also ein wirklicher Chor und nicht ein Solo-Ensemble. Sehr wendig agiert er auch in den Fugen sowie in einem Chorsatz französischer Machart, der wohlpunktiert-imperial daherkommt (CD 1, Track 10), dumpf klagt zu stockender Orchesterbegleitung (CD 1, Track 37) oder gar in fast kriegerischer Festlichkeit mit gleich drei Trompeten und Pauke Luthers feste Burg besingt CD 2, Track1) und musikalisch ohrenfällig mit schnellen Chorpassagen zeigt, wie die bösen Völker fliehen (CD 2, Track 4). Doch auch die Choräle zeichnen sich durch wortbewegte Lebendigkeit aus.
Malen in schönsten Orchesterfarben
Unermüdlich begleitet das Neumeyer Consort unter Felix Koch alle Arien, Rezitative, Chorsätze und Choräle, malt in den schönsten Orchesterfarben, erweist sich als stilsicher in historisch informierter Spielweise mit Betonung der dieser Musik immer innewohnenden Gestik und überreden und überzeugen wollenden Rhetorik.
Das Hörbild ist transparent und klar, so dass man als Zuhörer quasi in der ersten Rreihe sitzt und genießt und genießt, Arie um Arie, Rezitativ um Rezitativ, Chorsatz um Chorsatz, mit immer größer werdender Bewunderung für den Einfallsreichtums des Komponisten, der ja insgesamt über 1700 Kantaten komponiert hat und sich dabei nie wiederholt.
Rainer W. Janka [26.01.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Philipp Telemann | ||
1 | Wer nur den lieben Gott läßt walten TWV 1:1593 (Kantate zu Laetare) | 00:13:56 |
9 | Unschuld und ein gut Gewissen TWV 1:1440 (Kantate zu Oculi) | 00:12:31 |
14 | Christ ist erstanden TWV 1:136 (Kantate zum 1. Ostertag) | 00:14:24 |
21 | Und sie redeten miteinander TWV 1:1438 (Kantate zum 2. Ostertag) | 00:16:31 |
29 | Jesus Christus, unser Heiland TWV 1:976 (Kantate zum 3. Ostertag) | 00:11:31 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Wertes Zion, sei getrost TWV 1:1606 (Kantate zum 23. Sonntag nach Trinitatis) | 00:19:04 |
7 | Ich weiß, dass mein Erlöser lebt TWV 1:874 (Kantate zum 24. Sonntag nach Trinitatis) | 00:15:30 |
13 | Wir liegen, großer Gott, vor dir TWV 1:668 (Kantate zum 22. Sonntag nach Trinitatis) | 00:12:34 |
19 | Ich weiß, dass mein Erlöser lebt TWV 1:876 (Kantate zum 24. Sonntag nach Trinitatis) | 00:16:09 |
Interpreten der Einspielung
- Sabine Goetz (Sopran)
- Lieselotte Fink (Alt)
- Fabian Kelly (Tenor)
- Hans Christoph Begemann (Bass)
- Julie Grutzka (Sopran)
- Luca Segger (Altus)
- Hans-Jörg Mammel (Tenor)
- Gotthold Schwarz (Bass)
- Gutenberg Soloists (Ensemble)
- Neumeyer Consort (Ensemble)
- Felix Koch (Dirigent)