Ludwig van Beethoven Complete Symphonies
Challenge Classics CC72550
6 SACD stereo/surround • 5h 41min • [P] 2012
27.06.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Das stärkste Plus dieser Hybrid-SACD-Produktion ist das Klangbild. Auch in der normalen Stereo-Wiedergabe (ohne 5.1 Surround-Sound) wirkt der Klang frisch, aufgehellt und transparent - und wenn etwas nicht genügend durchhörbar erscheint (wie beispielsweise die Einleitung zum Kopfsatz der Siebten), liegt dies nicht etwa an der Aufnahmetechnik, sondern an der fehlenden Bereitschaft des Dirigenten, strukturierend in den von Beethoven in allen Stimmen gleichermaßen mit fortissimo bezeichneten Orchesterklang einzugreifen und das motivisch Wichtige von dem nur Füllenden oder rein Dekorativen zu scheiden. Der aus der Alte-Musik-Szene kommende Holländer Jan Willem de Vriend, seit 2006 Chef des Niederländischen Symphonieorchesters in Enschede, liebt es, Trompeten (Kopien historischer Instrumente) schmettern und Pauken (vorzüglich mit Holzschlägeln) krachen zu lassen - die damit wo immer möglich das Klanggeschehen dominieren.
Generell sind de Vriends Beethoven-Wiedergaben außerordentlich schneidig, für Kontemplatives - das bei Beethoven ja auch vorkommt und einen Gegenpol zu den martialischen Momenten bildet - hat der Dirigent wenig Sinn, ein wirkliches Adagio wagt er kaum. Der Pastorale steht diese sportive Herangehensweise naturgemäß am wenigsten, besser verträgt das die Eroica oder die Achte. Auch für die Zweite (der eine eigene, mit 35 Minuten recht sparsam bespielte Scheibe gewidmet ist), die hier ungewohnt knallig daherkommt, mag der Ansatz (bei Abstrichen im Larghetto) noch zu funktionieren. Der Kopfsatz der Fünften wirkt zerfasert und unstet im Tempo, den Schlusssatz haben wir selten so an der Grenze zur Banalität gehört. Im Finale der Neunten erhält das Rezitativ von Celli und Kontrabässen so hastig, leicht und hüpfend gespielt fast eine parodistische Wirkung. Der Bariton trägt das seine durchaus würdevoller vor, doch stört im Freuden-Hymnus die Vokalfärbung: „Schöna Göttafunken..." Das Orchester zeichnet sich mehr durch forschen Zugriff als durch Präzision und Klangschönheit aus, Gesangssolisten und Chor erfüllen ihre Aufgabe zwar überwiegend solide, nicht aber so, dass sie ein besonderes Argument für den Erwerb dieser Einspielung abgeben würden.
Auch die im (ausschließlich englischen) Booklet beschworene historische Informiertheit des Dirigenten, der sich im Interview über mit Trompetenmundstück geblasene Hörner und die überlieferten Fingersätze eines an der Uraufführung beteiligten Kontrabassisten auslässt, bringt musikalisch keine neuen Erkenntnisse. Wer seinen Beethoven zackig und knackig liebt und in ihm in erster Linie den polternden Revoluzzer sehen möchte, der mag an diese Produktion Gefallen finden. Für alle anderen gibt es genügend Alternativen.
Sixtus König † † [27.06.2012]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 | 00:32:55 |
5 | Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 für Orchester (Pastorale) | 00:41:32 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21 | 00:26:14 |
5 | Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67 | 00:29:55 |
CD/SACD 3 | ||
1 | Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 | 00:40:36 |
5 | Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93 | 00:25:21 |
CD/SACD 4 | ||
1 | Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36 | 00:34:19 |
CD/SACD 5 | ||
1 | Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 (Eroica) | 00:46:40 |
CD/SACD 6 | ||
1 | Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 (mit Schlußchor über Verse aus Schillers "Ode an die Freude") | 01:03:12 |
Interpreten der Einspielung
- Annemarie Kremer (Sopran)
- Wilke te Brummelstroete (Mezzosopran)
- Marcel Reijans (Tenor)
- Geert Smits (Bariton)
- Consensus Vocalis (Chor)
- Netherlands Symphony Orchestra (Orchester)
- Jan Willem de Vriend (Dirigent)