cpo 777 223-2
1 CD • 69min • 2006
21.01.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Auf die hohe Qualität der Musik des Emil Nikolaus von Reznicek ist von verschiedenen Seiten hingewiesen worden, ohne dass dies nennenswerten Einfluss auf die Berücksichtigung seiner Werke im Konzertleben hätte. Glücklicherweise lässt sich das Label cpo nicht irritieren und setzt seine Erkundungen in Sachen Reznicek fort. Sie gelten in diesem Fall der ersten Sinfonie in d-Moll, 1903 in Berlin unter Felix von Weingartner uraufgeführt, die den Beinamen „Tragische“ trägt. Freilich ist eine solche Bezeichnung bei Reznicek immer cum grano salis zu nehmen (die bereits früher von cpo veröffentlichten witzigen Variationen über Adalbert von Chamissos Tragische Geschichte lassen grüßen). Das Tragische scheint doppelten Boden zu haben und verwandelt sich ebenso schnell ins Ironische, wie die stilistischen Verkleidungen wechseln, in denen die kunstvoll gearbeitete Musik daherkommt. Der umfangreiche Kopfsatz bringt die divergierenden Bestandteile überraschenderweise zur gelungenen Abrundung, das brillante Rondo-Scherzo verfehlt seine Wirkung nicht, das F-Dur-Adagio führt (ohne sich recht dingfest machen zu lassen) in tiefere seelische Regionen und erst dem Schlusssatz möchte man einen den Titel rechtfertigenden Charakter zugestehen. Man genießt die Sinfonie am besten als absolute Musik und freut sich an der Könnerschaft des Komponisten, die aus jedem der vier so unterschiedlichen Sätze spricht.
Ganz direkt und ohne Maskerade gibt sich Reznicek in den vier Bet- und Bußgesängen nach Worten der heiligen Schrift. Die 1915 uraufgeführten Lieder mit sparsamer Orchesterbegleitung sind von feierlichem Ernst, schlicht und unmittelbar anrührend im Ausdruck. Martina Prudenskaja leiht ihnen ihren wunderbar strömenden Mezzo-Sopran, der für diesen Anlass vielleicht ein wenig zu vibratoreich ist. Auch mag es sein, dass die Besetzung mit einem Bariton (wie bei der Uraufführung) die Wirkung noch mehr vertieft. Der Chemnitzer Generalmusikdirektor Frank Beermann weiß die Gesänge so subtil zu begleiten, wie er die Effekte der Sinfonie wirkungsvoll zur Geltung bringt. Das Brandenburgische Staatsorchester aus Frankfurt/Oder wird den anspruchsvollen Aufgaben voll und ganz gerecht. Nach der Bekanntschaft mit diesen durchaus repertoiretauglichen Werken wird man sich endlich daran gewöhnen müssen, den Namen Reznicek nicht mehr ausschließlich mit der Donna Diana-Ouvertüre zu assoziieren.
Sixtus König † † [21.01.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Emil Nikolaus Reznicek | ||
1 | Sinfonie Nr. 1 d-Moll (Tragische) | 00:55:06 |
5 | Vier Bet- und Bußgesänge nach Worten der heiligen Schrift | 00:11:44 |
Interpreten der Einspielung
- Marina Prudenskaya (Mezzosopran)
- Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt (Orchester)
- Frank Beermann (Dirigent)