Zwischen Wien und London
Clavier 1
1 CD • 73min • 2007
20.02.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Gerrit Zitterbart liebt historische Tasteninstrumente: „Sie sind wie gut abgelagerter Wein, klingen noch sehr frisch und knackig, so wie sie zu ihrer Zeit klangen. Mich reizt die Vielfalt des Klangs [...], wie die Komponisten genau für diese Instrumente ihre Musik geschrieben haben.“ Für sein neuestes Projekt Zwischen Wien und London, in dem er das musikalische Spannungsfeld zwischen diesen beiden musikalischen Hauptstädten während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beleuchtet, wählte Zitterbart die Kopie eines Hammerflügels von Anton Walter aus dem Jahr 1800. Mit ihm und dem auf der vorliegenden CD eingespielten Repertoire gelingt ihm ein wahrer Ohrenöffner – und zwar in zweifacher Hinsicht: Die zwischen 1766 und 1807 entstandenen Sonaten von Johann Christian und Johann Christoph Friedrich Bach, von Muzio Clementi, Joseph Haydn und Johann Nepomuk Hummel lenken natürlich die Aufmerksamkeit auf die Entwicklung dieser Gattung und somit auf den Weg zur sogenannten Wiener Klassik. Zu Gehör bringt der exzellente Pianist aber auch ein Instrument, dessen große Klangfülle diesen Werken eine enorme Frische und Ausdrucksfähigkeit beschert, wie sie vielleicht eben nur durch die Verwendung eines Fortepianos erreicht werden können.
Zitterbarts detailliertes und hellhöriges Durchleuchten der jeweiligen Partituren und der Sonatenentwicklung von den Bach-Söhnen bis zu Johann Nepomuk Hummel kennzeichnet eine exquisite Anschlagskunst, die einerseits die klanglichen Differenzierungsmöglichkeiten des Instruments gekonnt unterstreicht, andererseits immer ein sorgsames Nachzeichnen der musikalischen Verläufe gewährleistet – etwa im virtuosen Laufwerk der Ecksätze und im reizenden Andante von Johann Christoph Friedrich Bachs Sonate D-Dur. Das Miteinander von Präzision und Leidenschaft in Zitterbarts gelenkig phrasierendem und klar artikulierendem Spiel springt den Hörer bereits bei dem ersten Werk dieser CD förmlich an, in der Sonate D-Dur op. 5/2 von Johann Christian Bach. Zum Ereignis wird es in Clementis spannungsgeladener und von extremen Dynamikschwankungen durchzogenen Sonate g-Moll op. 7/3: Bei allem Vorwärtsdrang und Ausreizen der klanglichen Möglichkeiten des Instruments strahlt Zitterbarts Spiel eine souveräne Ruhe aus; er nimmt sich einfach die nötige Zeit zum Atmen, so dass die phantasievolle motivische Durchformung gerade des Kopfsatzes, aber auch des donnernden Presto-Finales stets nachvollziehbar bleibt. Auch an seiner sich zwischen Galanterie und Wucht bewegenden Lesart von Haydns Sonate (Variationen) f-Moll Hob.XVII:6 gibt es nichts zu beanstanden; bewundernswert ist sein ausgeprägtes Gespür für die Architektur dieser Komposition. Ebenso beeindrucken die Klangsensibilität und Beredsamkeit, mit denen er den ausdrucksvoll-romantischen Tonfall von Hummels Sonate f-Moll op. 20 selbst in deren virtuos perlendem Finale aufblühen lässt.
Fazit: ein attraktives Projekt, faszinierend umgesetzt, nachdenkens- und immer wieder nachhörenswert.
Christof Jetzschke [20.02.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Christian Bach | ||
1 | Piano Sonata D major op. 5 No. 2 | 00:13:00 |
Johann Christoph Friedrich Bach | ||
4 | Sonate D major | 00:12:25 |
Muzio Clementi | ||
7 | Klaviersonate g-Moll op. 7 Nr. 3 | 00:14:12 |
Joseph Haydn | ||
10 | Andante con variazioni f-Moll Hob. XVII:6 | 00:13:17 |
Johann Nepomuk Hummel | ||
11 | Klaviersonate f minor op. 20 (1807) | 00:19:39 |
Interpreten der Einspielung
- Gerrit Zitterbart (Hammerflügel)