Jura Margulis
Piano Transcriptions
OehmsClassics OC 545
1 CD • 79min • 2004
19.09.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Vom Langsamkeitsfanatismus seines Vaters Vitaly (ich denke an die fast abendfüllende Aufnahme der Beethoven-Sonate op. 111) ist bei Jura Margulis nichts zu bemerken. In den grundsätzlichen Entscheidungen, was Tempo, Dynamik und Werk erhellende Phrasierung anbelangt, bewegt er sich – pianistisch bestens vorgebildet, ein echter Virtuose! – auf den Spuren eines Horowitz’, in Nachbarschaft zu gleichsam hauptberuflichen Transkriptions-Pianisten wie Shura Cherkassky, Charles Rosen, Marc-André Hamelin oder Konstantin Scherbakov. In der Auswahl der Stücke für die Oehms-CD zeigt er Sinn für Tradition, aber auch für individuelle Entscheidungen, von denen jenen für André Caplets impressionistisch-expressionistische Edgar Allen Poe-Verfügung („Die Maske des roten Todes“) in schreiende, rebellische Regionen des raunenden, peitschenden Klavierspiels führt. Das Werk ist ursprünglich für Harfe und Streichquartett konzipiert gewesen – die Harfenglissandos bleiben in der gleißenden, im Ablauf kunterbunten, unberechenbaren Margulis-Fassung berücksichtigt. Eine Bearbeitung, die ähnlich wie Ravels Klavierversion seiner „La Valse“-Verdunkelung einen Platz im Repertoire junger Pianisten einnehmen könnte. Eine knappe Viertelstunde bildreicher, pianistisch verwegen gesetzter Musik, die es verdient, aus dem Schatten der Übergrößen Ravel und Debussy herausmnövriert, herausgespielt zu werden.
Jura Margulis beweist in dieser abwechslungsreichen Zusammenstellung Gespür für die hehre Erotik der Gluck-Melodie, er weiß die Bach-Chaconne zu strukturieren, zu steigern und im rechten Moment in Sanftmut zu beschwichtigen. Betörend und aufwühlend die von der linken Hand mit nervenden Akkordrepetitionen angeheizten Passagen der wagnerianischen „Liebestod“-Erschütterungen, drohend, gewissermaßen lähmend-rasend, dunkel gefärbt die todesflammenden Ausbrüche im Verlauf der „Götterdämmerung“-Paraphrase, die – wenn ich richtig höre – auf der Busoni-Übertragung basiert.
Seit Horowitzens alter RCA-Aufnahme der „Danse macabre“ von Saint-Saens ist mir keine Einspielung dieses wahrhaft bildhaften Klanggemäldes begegnet, die wie hier – in Jura Margulis’ eigens bearbeiteter Version! – in Bewegung, in malerischer Präsenz und im entscheidenden Moment auch im Drang nach „finaler“ Gewissheit so überzeugend über die rein klavieristische „Bühne“ kommt. Das knistert und brodelt, aber es sind auch die verhaltenen Episoden von prä-natalem Charme, die auf gefällige Weise gefangen nehmen in einem Stück in freundlicher Parallele zum härteren, wagemutigern „Totentanz“ von Liszt.
Der Redaktion dieser Oehms-Edition ist der Vorwurf zu machen, im Begleitheft und auf der Cover-Rückseite ein von Margulis eingespieltes Stück vergessen zu haben. Ein Test für Rezensenten? Oder ein Beweis, wie wenig sich zuweilen die Herausgeber um ihre Produktionen kümmern. Vergessen wurde Margulis’ Aufnahme (Track 12) des muskulösen Marsches aus Prokofieffs „Liebe zu den drei Orangen“!
Vergleichsaufnahmen: Saint-Saens / Liszt: Danse macabre: Horowitz (RCA) und Duo Art (Nimbus 8811), Petukhov (Pro Domino CD 190295103)
Peter Cossé † [19.09.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Christoph Willibald Gluck | ||
1 | Orpheus und Eurydike (Orpheus und Euridice - Bearb. für Klavier) | |
Johann Sebastian Bach | ||
2 | Chaconne (aus der Partita Nr. 2 d-Moll für Violine solo BWV 1004) | |
Franz Schubert | ||
3 | Der Müller und der Bach S 565 (Bearb. für Klavier) | |
4 | Auf dem Wasser zu singen (Bearb. für Klavier) | |
5 | Der Doppelgänger (1838/1839 - from: Schwanengesang) | |
6 | Erlkönig (Bearb. für Klavier) | |
André Caplet | ||
7 | Conte Fantastique (nach der Erzählung "Die Maske des roten Todes" - Bearb. für Klavier) | |
Richard Wagner | ||
8 | Tristan und Isolde (Isoldes Liebestod - Bearb. für Klavier) | |
9 | Trauermarsch (Bearb. für Klavier - aus: Götterdämmerung) | |
Camille Saint-Saëns | ||
10 | Danse macabre op. 40 (Sinfonische Dichtung - Bearb. für Klavier) | |
Nikolai Rimsky-Korssakoff | ||
11 | Hummelflug (Flight of the Bumblebee - Bearb. für Klavier) | |
Sergej Prokofjew | ||
12 | Marsch (aus Die Liebe zu den drei Orangen op. 33) |
Interpreten der Einspielung
- Jura Margulis (Klavier)