
Naxos 8.557520
1 CD • 80min • 2000-2002
21.02.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Schönbergs Klaviersuite op. 25 könnte besser, präziser, virtuoser und tiefgründiger kaum gespielt werden als von dem Pianisten Christopher Oldfather. „Faßlichkeit“ zeichnet diese Aufnahme aus (um einen Lieblingsbegriff des Komponisten zu wählen), die praktische Tugend einer akribisch ausgefeilten Artikulation, die den ganzen Reichtum der neobarocken Miniaturen entschlüsselt. Mit gedanklicher Schärfe, mehr gestenreich als tänzerisch inspiriert, dabei von unberechenbarer Dramatik angefeuert – auf diese bestechende Weise musiziert Oldfather die Schönbergsche Suite. Er dreht und wendet die Musik, betrachtet sie von allen Seiten, als wäre es eine kostbare Skulptur. Man hört erstaunt: Zum Raum wird hier die Zeit.
Den hohen Erwartungen, die er selber weckt, vermag Christopher Oldfather mit dem „Buch der hängenden Gärten“ jedoch kein zweites Mal gerecht zu werden. Es bleibt bei einer guten, „informativen“ Darstellung der expressiven Verläufe und klanglichen Ereignisse, zumal auch die Sängerin Jennifer Lane keine Schranken niederreißt und weder die Grenzen der Ekstase noch der Versenkung berührt. Liegt es an der wenig rühmenswerten Aufnahmetechnik, wenn ihre Stimme zuweilen mit schneidendem Ton ins Ohr sticht? Jennifer Lane singt obendrein noch das Lied der Waldtaube (aus den Gurreliedern) in Schönbergs eigener Fassung für Kammerorchester, eine zweckmäßige Besetzungsvariante, die gleichwohl den Ausdruck der Musik erstaunlich zuspitzt, ohne deshalb die düstere Majestät des opulent instrumentierten Originals zu schmälern.
Da es sich bei dieser CD um einen Beitrag zur „Robert Craft Collection“ handelt, dirigiert der Namenspatron höchstpersönlich und höchst umsichtig das amerikanische Twentieth Century Classics Ensemble. Mit dem Monolog der Waldtaube legen die Musiker aus New York aber entschieden mehr Ehre ein als mit dem ziemlich robusten Vortrag des Konzerts für Streichquartett und Orchester, einer Bearbeitung oder, genauer gesagt, einer „freien Umgestaltung“ des Concerto grosso op. 6 Nr. 7 von Georg Friedrich Händel. Nichts könnte musealer wirken als gerade diese Schönbergsche „Modernisierung“ und „Verbesserung“ einer historischen Partitur, die derlei wohlmeinende (und belehrende) Unterstützung durchaus entbehren kann.
Eine im Juli 1949 aufgezeichnete „Conversation with Arnold Schoenberg“ beschließt das Programm der CD. In diesem Gespräch, das auch im Booklet dokumentiert ist – allerdings mit abweichendem Wortlaut und ohne deutsche Übersetzung –, erscheint der Komponist als ein freundlicher und kluger alter Herr von bescheidener Wesensart. Der späte Schönberg im Originalton – eine sympathische Zugabe.
Wolfgang Stähr [21.02.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Arnold Schönberg | ||
1 | Konzert für Streichquartett und Orchester (in freier Umgestaltung nach dem Concerto grosso op. 6 Nr. 7 von G.F. Händel, 1933) | |
2 | Suite op. 25 für Klavier (1921/1923) | |
3 | Lied der Waldtaube (aus: Gurre-Lieder) | |
4 | Das Buch der hängenden Gärten op. 15 für Singstimme und Klavier | |
Unbekannt | ||
5 | A Conversation with Arnold Schoenberg (1949) |
Interpreten der Einspielung
- Christopher Oldfather (Klavier)
- Jennifer Lane (Mezzosopran)
- Fred Sherry String Quartet (Streichquartett)
- Twentieth Century Classics Ensemble (Ensemble)
- Robert Craft (Dirigent)