Hungaroton HCD 32221
1 CD • 65min • 2004
29.12.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„De mortuis nil nisi bene, und so verschweigen die landesüblichen Nekrologe denn auch geflissentlich, wie Rhein-berger leider mit der Zeit doch zu sehr schon Rein-thaler geworden war,” spöttelte der Feuilletonist Arthur Seidl kurz nach dem Tode eines Komponisten, der es uns bis heute nicht leicht mit der Fairness macht: Josef Gabriel Rheinberger war fleißig, hochbegabt, als Pädagoge offenbar eine Klasse für sich; die Organisten zumal schätzen seine beachtlichen Repertoirebeiträge, Kammermusikensembles machen sich ab und an über sein umfangreiches Œuvre her, gelegentlich spielt sogar jemand sein Klavierkonzert – und doch kommt es immer wieder vor, daß löbliche Wiedererweckungsfahrten an den Klippen einer hörbar routinierten Schreibweise scheitern, an der zwar nichts verkehrt ist, die aber oft genug auch nur mäßig inspiriert scheint.
Die vorliegende Produktion aus Ungarn macht dem oben zitierten „Rein-Thaler” ein radikales Ende, und das auf solch hinreißende Art und Weise, daß ich die aufnahme- und klangtechnischen Abzüge gleich auf ein Minimum zusammendränge und lediglich darauf hinweise, daß im ersten Satz des Klaviersextetts das Horn hin und wieder ein wenig haklig angesetzt ist, daß das Fagott trotz seiner erquicklichen Einwürfe von der Regie leider zu stiefmütterlich behandelt wird – und daß das Finale des Nonetts (NB: eine sehr gelungene, originelle Einrichtung des vierten Klaviertrios op. 191) nicht ganz die Fahrt aufnimmt, die die Interpretation beider Werke bis dahin auszeichnete. Das ist freilich ein kompositorisches Problem und kann keinesfalls den Ausführenden angekreidet werden, die sich mit beiden Werken auf derart unwiderstehliche und erfrischende Weise befassen, daß man kaum noch an die Vorurteile vom musikalischen Alm-Öhi wird glauben wollen.
Der Schlüssel zum Erfolg ist dabei die allenthalben spürbare Begeisterung, die selbst akademische Floskeln und Wendungen mit einer erstaunlichen Kraft auflädt und aus den schlichtesten melodischen Verläufen spannungsvolle Bögen formt, dank wohlerwogener Tempi und Temporelationen die langsamen Sätze vor dem Versickern bewahrt und aus den beiden Menuetten kaum glaubliche Funken romantischen Humors schlägt. Daß es dabei manchmal zu etwas rüden Einsätzen kommt, ist leicht zu verschmerzen, denn erstens steht solchen Momenten eine Fülle schönster Stimmwechsel gegenüber, und zweitens verträgt Rheinbergers Musik überall dort den herzhaften Zugriff, wo sie Gefahr läuft, in gediegener Schönheit zu ersterben. So ergibt sich am Ende ein scharfgezeichnetes Klangbild, in dem sogar die schroffen, herben Kanten dem Komponisten mehr nützen als schaden.
Rasmus van Rijn [29.12.2004]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Josef Rheinberger | ||
1 | Sextett F-Dur op. 191b für Bläser und Klavier | |
2 | Nonett op. 139 |
Interpreten der Einspielung
- Zoltán Gyöngyössy (Flöte)
- Ica Csizmadia (Oboe)
- Csaba Klenyán (Klarinette)
- Magdolna Cserna (Fagott)
- György Lakatos (Fagott)
- Gábor Bizják (Horn)
- Péter Somogyi (Violine)
- György Melis (Violine)
- Márta Melis (Viola)
- Marcell Vámos (Violoncello)
- István Lukácsházi (Kontrabass)
- Ildikó Cs. Nagy (Klavier)