Decca 475 320-2
1 CD • 81min • 2003
06.04.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Riccardo Chailly setzt seine musikalischen „Entdeckungen“ fort, auf Rossini und Verdi folgt nun der Blick auf den wenig bekannten Puccini. Die Aufnahmen reichen von den frühesten Kompositionen bis zum unvollendet gebliebenen Spätwerk Turandot.
Da sind zunächst Orchesterwerke. Das Preludio a Orchestra komponierte Puccini als Schüler in Lucca, die früheste erhaltene Komposition Puccinis. Das von Riccardo Chailly revidierte Scherzo entstand als Arbeit während des Studiums am Mailänder Konservatorium, ursprünglich als Satz eines Streichquartetts, später fungierte es als Walzer in der Eröffnungsszene der Oper Le Villi. Das Adagetto dürfte ebenfalls während der Studienzeit oder kurz danach komponiert worden sein. Ausflüge in die anspruchsvolle Blasmusik sind der Scossa elettrica (elektrischer Schlag) betitelte Geschwindmarsch, den Puccini für den Weltkongreß der Telegrafenbeamten im Juni 1899 in Como schrieb, und Corazzata Sicilia über Themen aus der Oper La Bohème.
Puccini komponierte auch sehr patriotisch gefärbte Werke wie die opernhaft gestaltete Kantate Cessato il suon dell’armi von 1877 (in einer Rekonstruktion und Bearbeitung von Emilio Maggini) oder den auf Bitten des römischen Bürgermeisters geschriebenen Gesang Inno a Roma für Chor, Orgel und Orchester, den der Komponist, wohl weil er ihm dann missfiel, „eine schöne Schweinerei“ nannte.
Daneben stehen geistliche Werke: Vexilla für Männerchor und Orgel aus Puccinis Schulzeit, ein schlichtes Salve Regina für Sopran und Orgel, dessen Text Antonio Ghislanzoni (bekannt als Librettist von Verdis Aida) verfasste, ein miniatürliches, kammermusikalisches Requiem für Chor, Soloviola und Orgel von nur fünfeinhalb Minuten Dauer, komponiert für eine Messe zum vierten Todestag Giuseppe Verdis am 27. Januar 1905, und die an Rossini erinnernde Motette per San Paolino für vierstimmigen gemischten Chor, Bariton und großes Orchester, wieder ein Werk aus Puccinis Schulzeit.
Der Opernkomponist Puccini ist vertreten mit dem seinerzeit vom Komponisten verworfenen Vorspiel zum zweiten Akt der Oper Manon Lescaut und Luciano Berios Fassung des Turandot-Schlusses, die Puccinis Stil sehr viel näher kommt als die bekannte Komplettierung von Franco Alfano und den Vorzug hat, dass es kein apotheotisch-aufrauschendes kitschiges, sondern ein ruhiges, zurückgenommenes Ende gibt.
Riccardo Chailly und die beteiligten Sänger und Instrumentalisten lassen diesen wenig bekannten Werken von Puccini eine bewundernswerte Sorgfalt angedeihen. Die musikalische Qualität ist hervorragend. Der Klang ist voll und präsent. Man lernt die Anfänge, aber auch andere Töne des Komponisten kennen. Der höchst informative Begleittext stammt von Puccini-Herausgeber Dieter Schickling. Einziger Wermutstropfen der CD: Die Gesangstexte sind nicht abgedruckt, sondern müssen von einer Webadresse abgerufen werden.
Dr. Helge Grünewald [06.04.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Giacomo Puccini | ||
1 | Preludio a Orchestra | |
2 | Scherzo | |
3 | Preludio Atto II (aus: Manon Lescaut) | |
4 | Cantata Cessato il suon dell'armi für Tenor, Chor und Orchester | |
5 | Scossa elettrica (Marcetta brillante) | |
6 | Corazzata Sicilia (Marcia d'ordinanza) | |
7 | Inno a Roma für Chor, Orgel und Orchester | |
8 | Ecce sacerdos | |
9 | Salve Regina für Sopran und Orgel | |
10 | Adagetto | |
11 | Requiem für Chor, Viola solo und Orgel (1905) | |
12 | Vexilla für Männerchor und Orgel | |
13 | Motetto per San Paolino für Pollux - Bariton, Chor und Orchester | |
14 | Turandot (Finale des dritten Aktes) |
Interpreten der Einspielung
- Eva Urbanová (Sopran)
- Joseph Calleja (Tenor)
- Alberto Mastromarino (Bariton)
- Robert de Thierry (Orgel)
- Orchestra Sinfonica e Coro di Milano Giuseppe Verdi ()
- Riccardo Chailly (Dirigent)