Georg Friedrich Händel
Il Messia. Oratorio (in due parti)
cpo 555 590-2
1 CD • 77min • 2022
04.11.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Allenthalben wird Messiah bzw. Der Messias von Georg Friedrich Händel auf englisch gesungen, weil er in dieser Sprache komponiert worden ist. In Deutschland natürlich auch oft in deutscher Sprache. Aber in Italienisch? Mit „Il Messia. Florence Version 1768“ ist diese vorliegende Aufnahme betitelt: In Florenz im Palazzo Pitti fand am 6. August 1768 die erste Aufführung dieses Oratoriums auf dem europäischen Festland statt, weil ein Lord Cowper das englische Original nach Florenz mitgebracht hatte. Leopold, Großherzog von Toskana, wollte alles in italienischer Sprache hören und ließ deswegen das Oratorium bearbeiten: Antonio Pillori bearbeitete den Text und Salvatore Pazzaglia die Musik.
Pillori transformierte den englischen Bibel-Text in italienische Verse und kürzte das dreiteilige Oratorium, so dass es zweiteilig wurde. Pazzaglia passte dann die Gesangslinien an den neuen Text an. Er ergänzte oder strich Auftakte und machte kleinere rhythmische Verschiebungen und Melodievarianten. Dabei fielen alle Tenor-Arien weg. Das sehr kundige zweisprachige Booklet vermerkt dazu, dass manche italienischen Textversionen überzeugender seien als das englische Original. Im Booklet ist der italienische Text abgedruckt sowie die englische Übersetzung dieser Version – nicht auch der englische Originaltext. In der Tat hat es einen gewissen Charme, wenn der Chor im „Halleluja“ immer wieder singt „per sempre, e sempre“ statt „for ever and ever“. Und statt „He was despised“ klingt doch „tormento atroce“ viel musikalischer. (Track 16)
Schwieriges Hörbild
Um es vorwegzunehmen: Diese Aufnahme scheint eine Mischung aus der Live-Aufnahme von den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2022 sowie Nachbearbeitungen zu sein. Jedenfalls hört man manchmal Publikumsgeräusche, mal nicht, mal sind harte Schnitte zu hören – und am Ende ist minutenlanger Schlussapplaus mitaufgenommen. Insofern ist das Hörbild sehr disparat, obwohl der Chor immer schön trennscharf klingt. Die Solisten sind akustisch etwas in den Hintergrund gerückt.
So trennscharf gelingt auch die Darstellung des Chaos in der Ouvertüre: Transparenz im Chaos. Unter der Leitung des Barockspezialisten Alessandro De Marchi, der 2009 bis 2023 Intendant der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik war, gehen Orchester wie Chor leidenschaftlich ans Werk, es wird duftig-leicht, aber mit befeuertem Schwung und nie teutonisch ehrfürchtig-monumental musiziert und gesungen. Der hörbar gesanglich gut geschulte Chor singt legato-betont flüssig und stürmt dynamisch bewegt durch den Halleluja-Chor, die Piva (Track 8) fließt harmonisch ruhig, mit einem Hauch von Hirten-Ehrfurcht, dahin. Leider ist diese Piva hinten im abgedruckten Text nicht berücksichtigt, so dass die Track-Zählweisen differieren: Vorne gibt’s also insgesamt 26 Tracks, hinten nur 25.
Weihnachts- und Osterjubel im Sopran
Ein Genuss sind die Solisten: Klangsatt ist der Alt von Margherita Maria Sala, warm, tiefdunkel und doch sehr beweglich der Bass von Luigi de Donato, und Eleonora Bellucci hat den Weihnachts- und Osterjubel in ihrem mädchenhaft glockenhellen Sopran, selbst in den schmerzreichen Arien, die dadurch immer Auferstehungs-Hoffnung durchschimmern lassen.
Rainer W. Janka [04.11.2024]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Friedrich Händel | ||
1 | Il Messia (Oratorio in due parti, Firenze 1768) | 01:16:46 |
Interpreten der Einspielung
- Eleonora Bellocci (Sopran)
- Margherita Maria Sala (Alt)
- Jeffrey Francis (Tenor)
- Luigi Donato (Bass)
- Coro Maghini (Chor)
- Innsbrucker Festwochenorchester (Orchester)
- Alessandro Marchi (Dirigent)