Francesco Bartolomeo Conti
Bravo! Bene!
Arie con varie strumenti
cpo 555 552-2
1 CD • 75min • 2022
19.02.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Das Opernleben um 1720 in London, Dresden, Hamburg und Neapel ist mittlerweile recht gut auf Tonträgern dokumentiert. Aber Wien? Diese Lücke schließen jetzt das Ensemble nuovo aspetto und vier exzellente Solisten mit ausgesprochen delikat instrumentierten Arien von Francesco Bartolomeo Conti (1682-1732). Da Conti als Hoftheorbist und ab 1713 auch Hofcompositeur selbst diverse Zupfinstrumente virtuos beherrschte, entsteht so ein höchst gelungenes Lehrstück für den Einsatz von Hackbrett, Harfe, Mandoline und Theorbe in der habsburgischen Barockoper. Die Auswahl wird ergänzt durch Kompositionen von Antonio Maria Bononcini (1677-1726) und Giuseppe Porsile (1680-1750).
Beherrscher der Lautenfamilie
Francesco Bartolomeo Conti gehört mit Ernst Gottlieb Baron (Berlin) und Sylvius Leopold Weiß (Dresden) zu den bedeutenden barocken Virtuosen auf der Familie der Lauten. Sein Hauptinstrument war die mit 15 Saitenchören bespannte Theorbe, bei der die 6 mit Bünden versehenen Spielsaiten durch 9 nicht gegriffene Bass-Saiten ergänzt werden, was dem Instrument sowohl größere Klangfülle aufgrund der Resonanz der Bässe als auch einen erweiterten Umfang verschafft. Sie war Standardingredienz der Continuo-Gruppe, wurde – wie auf dieser Aufnahme zu hören – jedoch auch als Obligatinstrument eingesetzt und verfügte seit Johann Hieronymus Kapsberger über ein umfängliches Solorepertoire. In Italien wurde sie häufig auch als Chitarrone bezeichnet. Da Conti neben der Theorbe auch die Mandoline spielte, ließ Antonio Maria Bononcini ihn innerhalb der Arie „Mare irato“ (Track 6)) zwischen beiden Instrumenten wechseln.
Überhaupt zeichnete sich die Wiener Hofmusik durch ungewöhnliche Besetzungen aus, die man eher Georg Philipp Telemann oder Christoph Graupner zutrauen würde. So kombiniert Conti in „Dei colli nostri“ je 2 Mandolinen, Harfen und Barytone – späteres Lieblingsinstrument von Haydns Fürst Esterházy – mit Salterio (großem Hackbrett) und Bass (Track 9). Exquisite Bläserfarben schafft er durch die Kombination von Traversflöte und Chalumeau, dem Vorläufer der Klarinette.
Beglückende Entdeckungen
Ich habe schon lange kein so sinnvoll zusammengestelltes und makellos interpretiertes Barockalbum mehr gehört. Die vier Solisten, Sopranistin Hana Blažiková, die zudem noch Harfe spielt, der brillante Sopran-Falsettist Valer Sabadus, dem der Löwenanteil zufällt, Altist Franz Vitzthum sowie Bassbariton Florian Götz beherrschen ihre Arien so souverän, dass sie sich in den Da Capos luxuriöse Verzierungen und Kadenzen erlauben können. Endlich hört man einmal ordentlich gebundene Koloraturen. Die Instrumentalisten des nuovo aspetto musizieren äußerst klangsensibel und haben mit dem Einhören in diesen Farbenrausch ungewohnter Besetzungen keinerlei Probleme. Die Intonation, die bei solch heterogenen Besetzungen mit eher exotischem, mit Darmsaiten bespannten Instrumentarium immer ein Problem darstellt, gelingt makellos. Somit eine Aufnahme, die sorgfältigst vorbereitet wurde. Das geht nicht besser!
Die Klangtechnik, die es hier sicherlich nicht leicht hatte, bildet das Geschehen optimal ab. Schön, dass man sich für die Einspielung vier Tage Zeit genommen hat. Das Booklet bietet die nötigen Informationen und alle Texte mitsamt Übersetzung.
Fazit: Für Zupfinstrumentenspieler ein Muss! Ebenso für Barockliebhaber, die etwas über die Klangphantasie der Wiener Hofkapelle um 1720 erfahren möchten. Klar empfohlen!
Thomas Baack [19.02.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Francesco Bartolomeo Conti | ||
1 | Voi dunque ardite ... Scelta idea di nobilità (Rezitativ und Arie - aus: Fra queste umrose piante Kantate) | 00:05:31 |
2 | Se mai dal crudo artiglio (Arie - aus: Archelao, re di Cappacia) | 00:08:23 |
3 | Non lascio no d'amar (Arie - aus: Creso) | 00:07:39 |
4 | Bravo bene (Recitativ, Vorspiel und Arie - aus: Penelope) | 00:07:14 |
5 | Volgendo al nido il volo (Arie - aus: Sesostri) | 00:08:27 |
Antonio Maria Bononcini | ||
6 | Mare irato (Arie - aus: Feraspe) | 00:06:02 |
7 | Fuga f-Moll | 00:02:24 |
Giuseppe Porsile | ||
8 | Dei colli nostri (Introduction) | 00:00:59 |
Francesco Bartolomeo Conti | ||
9 | Dei colli nostri (Arie - aus: Il trionfo dell'amicizia e dell'amore) | 00:05:30 |
10 | David (Preludio) | 00:01:56 |
11 | Cor costante, ed umile (Introduktion und Arie - aus: Galatea vendicata) | 00:06:49 |
Antonio Maria Bononcini | ||
12 | Il trionfo della grazia (Sinfonia vaga, e suave) | 00:01:27 |
Francesco Bartolomeo Conti | ||
13 | Bramo un core (Arie - aus: Gioseffo) | 00:04:18 |
Interpreten der Einspielung
- Hana Blažiková (Sopran)
- Valer Sabadus (Countertenor)
- Franz Vitzthum (Altus)
- Florian Götz (Bariton)
- Nuovo Aspetto (Ensemble)