Ensemble Diderot
Sonate a quattro
Goldberg • Fasch • Handel • Janitsch • Telemann
Audax Records ADX11201
1 CD • 56min • 2021
21.06.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Seitdem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre vormals hochqualitativen Programme nach dem Vorbild des Privatradios gemäß dem stupiden Prinzip dudelnder „Durchhörbarkeit“ gestalten – also, kurz gesagt, einen aus Schnipseln bestehenden Dauerbrei senden –, hat die Begriffsprägung „barocke Dutzendware“ neue Virulenz bekommen. Nicht ganz ein halbes Dutzend Sonaten deutscher Barockkomponisten sind auf diesem neuen Album „Sonate a quattro“ des Ensemble Diderot versammelt, und nie war die eben zitierte abfällige Wendung unpassender: Hier begegnen fünf exquisit gestaltete kammermusikalische Juwelen des 18. Jahrhunderts.
Die Originalität des barocken Quartettgenres
Die Originalität dieses Repertoires beginnt schon beim Genre: Im Gegensatz zum Typus der Triosonate hat sich für die Besetzung von zwei Violinen, Viola und Basso Continuo kein entsprechender Titel wie „Quartettsonate“ etabliert; die Vermutung, dass aus dieser mit ihren vier unabhängigen Stimmen kompositorisch anspruchsvollen Gattung ein Weg zum späteren klassischen Streichquartett führt, liegt nahe. Tatsächlich hat das in Paris ansässige Ensemble Diderot, so informiert der Primgeiger Johannes Pramsohler in seinem hervorragenden Beiheft-Text, Werke aus dem Programm geworfen, die „ursprünglich offensichtlich Triosonaten waren und durch das Zufügen einer Bratsche zum Quartett umfunktioniert wurden“: „plumpe Versuche“ also.
Von falschen und echten Quartetten
Dieser Snobismus gegenüber umfrisierten und somit falschen Triosonaten zahlt sich für den Hörer dieses Albums aus. Nicht nur präsentiert sich jedes dieser Werke als höchst individuell, die Diderots treffen auch jeweils einen eigenen Ton mit handverlesener Farbgebung. In der Reihenfolge der Geburtsdaten der Komponisten gehört, begegnet man einem Quartett a-moll TWV 43:a 5 von Georg Philipp Telemann, dessen überraschend auftretende Jagdmotivik die Streicher wunderbar rustikal anpacken, während die Sonate G-Dur aus Georg Friedrich Händels Patchwork-Sammlung op. 5 mit drei ursprünglich aus Il Pastor Fido stammenden Tanzsätzen endet, darunter einer melodisch anheimelnden und vom Ensemble in einen mitreißend ruhigen Sog versetzten Passacaglia. Johann Friedrich Fasch erfreut in seiner Sonate d-moll FaWV N:d3 (die Nummerierung bietet sich als Inspiration für die Wahl unknackbarer Passwörter an) mit motorisch-konzertanter Energie, das Quadro D-Dur des Schlesiers Johann Gottlieb Janitsch könnte, wenn man das Cembalo wegließe, auch als Streichquartett durchgehen.
Eine Programmidee für Konzert und Rundfunk
Die einleitende Sonate c-moll DürG 14 Johann Gottlieb Goldbergs schließlich ist von einer derart diskreten Expressivität, dass man sie zum Andenken des frühverstorbenen Lieblingsschülers Johann Sebastian Bachs unbedingt öfters einmal auch im Konzert aufführen sollte; vielleicht als Zugabe zu den gleichnamigen, Goldberg gewidmeten Klavier-Variationen, vielleicht in einer Radiosendung, die dem Publikum eine Aufmerksamkeitsspanne von stolzen 12 Minuten zutraut; auf jeden Fall aber so hinreißend sensibel gespielt, wie das dem Ensemble Diderot hier gelingt.
Prof. Michael B. Weiß [21.06.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Gottlieb Goldberg | ||
1 | Sonate c-Moll DürG 14 für 2 Violinen, Viola und B.c. | 00:11:56 |
Georg Philipp Telemann | ||
5 | Sonata a-Moll TWV 43:a5 für 2 Violinen, Viola und B.c. | 00:09:00 |
Georg Friedrich Händel | ||
9 | Sonata G-Dur op. 5 Nr. 4 für 2 Violinen, Viola und B.c. | 00:13:27 |
Johann Friedrich Fasch | ||
14 | Sonata d-Moll FaWV N:d3 für 2 Violinen, Viola und B.c. | 00:09:24 |
Johann Gottlieb Janitsch | ||
18 | Quatuor D-Dur | 00:11:59 |
Interpreten der Einspielung
- Ensemble Diderot (Ensemble)
- Johannes Pramsohler (Leitung)