Mozart
String Quartets Vol. 4
Armida Quartett
CAvi-music 8553205
1 CD • 63min • 2020, 2021
12.01.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Für die vierte Folge seiner Gesamteinspielung der Mozart-Quartette kombiniert das Armida-Quartett drei frühe 1773 – kurz nach dem Lucio Silla – in Mailand entstandene Werke mit dem dissonanten Abschluss der 6 Haydn gewidmeten Kompositionen. Als Textgrundlage dient die Neuedition der Werke nach dem Autograph. Der Band mit den Mailänder Quartetten erschien mit beratender Mitwirkung der Armidas im Frühjahr dieses Jahres, ist also quasi druckfrisch.
„für einen italiänischen Cavalier“
Diese Bestimmung lässt sich indirekt aus einem Brief Leopold Mozarts an Wolfgang aus dem Jahr 1778 ermitteln, in dem der Vater riet, lieber mit Klavierstücken Geld zu machen, „welches ein bischen mehr einträgt, als wenn man einem italiänischen Cavalier 6 Quartetti Componiert“. Dabei sind die durchgehend dreisätzigen Kompositionen hochoriginell. KV 159 beginnt mit einem gemütlichen Andante und setzt den eigentlich zu erwartenden Sonatenhauptsatz an die zweite Position und dies auch noch in der dramatisch wie in den beiden Sinfonien und im Streichquartett aufgefassten Paralleltonart g-Moll. Der Mittelsatz von KV 160 steht in As-Dur, beginnt aber mit einem Dominantseptakkord auf F, so dass der Hörer zunächst B-Dur als Grundtonart vermuten soll. Mozart moduliert sich also langsam in die Haupttonart hinein. Der Mittelsatz von KV 154 zeugt in seinem schmerzlichen c-moll von einer unerhörten Erlebnistiefe des erst 16-jäjhrigen Komponisten.
Durezze e ligature
Die harmonisch extrem gespannte Einleitung des 6. Haydn-Quartetts KV 465 hat dem Werk den Beinamen Dissonanzen-Quartett eingetragen. Mozart spielt hier auf zwei aus der barocken Orgelmusik bekannte Modelle an: den chromatisch fallenden Lamento-Bass und die Verkettung von Vorhalten, deren Auflösung wieder neue Dissonanzen erzeugen. Die Italiener verwendeten den Typus gern für Elevationstoccaten und bezeichneten ihn als „di durezze (Dissonanzen) e ligature (Vorhalte durch Überbindung)“. J. E. Eberlin, der Vorvorgänger Mozarts am Salzburger Dom, den er als Kind durchaus noch gehört haben könnte, verwendete diesen Typus häufig in seinen Orgelkompositionen. Auch mag Mozart hierzu durch seine Studien in der reichhaltigen Bibliothek des Barons van Swieten angeregt worden sein.
Mozart nach dem Autograph
Da die Frühwerke zumeist ignoriert werden, ist es ungemein verdienstvoll, dass das Armida-Quartett in seiner Einspielung Frühes und Spätes bewusst mischt. Als Notentext wurde die neue Ausgabe durch Wolf Dieter Seiffert beim G. Henle-Verlag genutzt, der die Interpreten Peter Philipp Staemmler Cello, Martin Funda Violine, Johanna Staemmler Violine und Teresa Schwamm Viola auch hinsichtlich aufführungspraktischer Details wie Stricharten, Vibratogebrauch und Dynamik beriet. Die Armidas musizieren historisch informiert, jedoch ohne übertriebene Manierismen. Die Tongebung bleibt immer schlank und biegsam. Sie changiert affektgenau in Farben von zarter Flöte bis zupackendem Streicherklang. Bei aller Transparenz fällt nichts auseinander. Phrasen werden elegant ihrem jeweiligen Höhepunkt zugeführt. Besonders muss bei solch vibratoarmem Spiel auch die Intonation hervorgehoben werden, die beim Armida-Quartett schlichtweg vorbildlich gelingt.
Klangtechnisch ist die Aufnahme in ihrer Transparenz mustergültig. Sehr anschaulich gelang auch der Booklet-Text.
Fazit: Musikalisch hinreißende und klangtechnisch mustergültige Fortsetzung der Gesamtaufnahme von Mozarts Quartetten. Die leicht fasslichen Frühwerke seien auch Eltern empfohlen, die ihre Kinder an die klassische Musik heranführen möchten. Technisch sind sie auch für Amateurensemble erreichbar und bieten eine willkommene Repertoireerweiterung. Ganz klare Kaufempfehlung, so sollte Mozart im 21. Jahrhundert klingen.
Thomas Baack [12.01.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Streichquartett Nr. 4 C-Dur KV 157 | 00:11:33 |
4 | Streichquartett Nr. 6 B-Dur KV 159 (5. Mailänder Quartett) | 00:11:22 |
7 | Streichquartett Nr. 7 Es-Dur KV 160 | 00:10:10 |
10 | Streichquartett Nr. 19 C-Dur KV 465 (Dissonanzen-Quartett) | 00:29:17 |
Interpreten der Einspielung
- Armida Quartett (Streichquartett)