Felix Mendelssohn • Camille Saint-Saëns
MDG 650 2153-2
2 CD • 1h 40min • 1992, 1991
21.05.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Höher, weiter, schneller – und auch jünger: Die Klassikszene ist nicht frei vom Wettbewerb der jungen Künstler, die gleichsam als Wunderkinder die Bühne betreten. Doch darüber sollte nicht vergessen werden, dass es häufig die gestandenen Musiker sind, die zu begeistern vermögen. Zu ihnen gehören der Geiger Jean-Jacques Kantorow und der Pianist Jacques Rouvier, von denen bei Denon / MDG eine Aufnahme mit den Violinsonaten von Felix Mendelssohn Bartholdy und Camille Saint-Saëns erschienen ist. Entstanden ist die Aufnahme der beiden französischen Musiker bereits in den Jahren 1991 und 1992, kommt aber nun erst im Rahmen der historischen Aufnahmen des Labels Denon heraus. Kantorow und Rouvier spielten zu diesem Zeitpunkt bereits seit über zwanzig Jahren gemeinsam im Trio, was der Aufnahme auch anzuhören ist. Sie widmen sich den Violinsonaten ‚nach Beethoven‘, wenn man so will: Das Doppelalbum beinhaltet sowohl die drei Violinsonaten von Felix Mendelssohn Bartholdy als auch die beiden Werke Camille Saint-Saëns‘ dieser Gattung.
Eigene Sprache
Beide Komponisten stehen in ihren Werken in der Nachfolge der richtungsweisenden Werke Beethovens und haben doch eine ganz eigene Sprache: Zwei der drei Sonaten Mendelssohn Bartholdys entstanden in seinen Jugendjahren – die Violinsonate F-Dur schrieb er mit gerade einmal elf Jahren, die Sonate f-Moll op. 4 entstand fünf Jahre später. Kantorow und Rouvier gehen hier umgekehrt chronologisch vor und eröffnen die Aufnahme mit der lange unbekannten letzten Sonate F-Dur von 1838, die erst 1953 von Menuhin entdeckt, editiert und eingespielt wurde. Voller Kraft und unprätentiös setzen Kantorow und Rouvier das Werk um, wie man bereits in den Ecksätzen von Mendelssohns letzter Sonate hört. Dabei legen sie teils ein rasantes Tempo vor, das sie beide nahezu mühelos bewältigen. Auch die lyrischen Momente in Mendelsohns Musik gelingen problemlos. Hörbar wird auch das bereits langjährige Zusammenspiel der beiden Musiker, das absolut präzise, aber keineswegs routiniert wirkt. Die jugendliche Brillanz, aber auch die Schlichtheit realisieren die beiden Musiker in den Frühwerken.
Beethovens Nachfolge in Deutschland und Frankreich
Den Sonaten Mendelssohns, welche die Entwicklung der Violinsonate zeigen, sind auf dieser CD die beiden Sonaten Camille Saint-Saëns‘ gegenübergestellt. Saint-Saëns selbst war ein ähnliches musikalisches Wunderkind wie Mozart und Mendelssohn und bestens vertraut mit der deutschen Kammermusik. Doch trotz dieser Prägung setzte er sich gemeinsam mit Kollegen wie beispielsweise Jules Massenet und César Franck für eine französisch geprägte Musik ein. Die beiden einzigen vollendeten Violinsonaten Saint-Saëns‘ zählen zu den Werken des reifen Meisters, die 1885 und 1896 entstanden. Sie sind Meisterwerke aus seiner Feder, wenngleich im Konzertsaal und auf Platten seltener zu finden als die Beiträge deutscher Zeitgenossen zu dieser Gattung.
Auch hier zeigen sich Kantorow und Rouvier von ihrer besten Seite: Bestens ausbalanciert in ihren Stimmen erklingt zunächst Opus 73 mit wunderbar virtuosen Ecksätzen und einem impressionistisch-schwärmerischem Adagio. Erneut zeigt sich hier das gute Zusammenspiel der beiden Partner, souveräne Technik, die alles mühelos erscheinen lässt sowie ihr sicheres Gespür für die Musik. Halsbrecherisch endet das Werk mit einem im wahrsten Sinne des Wortes Allegro molto. Etwas gesetzter wirkt da Saint-Saëns‘ spätere Sonate Opus 102, die 1896 entstand und eher in der Tradition klassischer Vorbilder steht. Sie bildet den gelungenen Abschluss dieses Ausflugs in die Gattungsgeschichte in Deutschland und Frankreich nach Beethoven.
Verena Düren [21.05.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
1 | Sonate F-Dur WoO für Violine und Klavier (1838) | 00:22:50 |
4 | Sonate f-Moll op. 4 für Violine und Klavier | 00:21:23 |
7 | Sonate F-Dur für Violine und Klavier (1820) | 00:12:51 |
CD/SACD 2 | ||
Camille Saint-Saëns | ||
1 | Sonate Nr. 1 d-Moll op. 75 für Violine und Klavier | 00:21:36 |
5 | Sonate Es-Dur op. 102 für Violine und Klavier | 00:21:18 |
Interpreten der Einspielung
- Jean-Jacques Kantorow (Violine)
- Jacques Rouvier (Klavier)