War & Peace
1618:1918
deutsche harmonia mundi 19075868442
2 CD • 80min • 2018
10.01.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Darauf muss man erstmal kommen: Musik des 17. Jahrhunderts kombinieren mit Chansons aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts von Friedrich Hollaender und Hanns Eisler. Die Lautten Compagney tat’s unter dem Titel War & Peace 1618:1918, also: Krieg und Frieden. Vier Themen gliedern diese üppige Lieder-, Chansons-, Motetten- und Instrumentalstücke-Sammlung auf einer Doppel-CD: Angst, Katastrophe, Vergänglichkeit, Sehnsucht. Es wird dabei eine thematische und auch historische Linie gezogen vom Dreißigjährigen Krieg hin zum 1. und 2. Weltkrieg, welch beide manche Historiker ebenfalls als einen modernen Dreißigjährigen Krieg ansehen, der Millionen Opfer gefordert hat und nach dem nichts mehr ist wie vorher, nach dem neue Staaten und Staatensysteme entstehen.
Sehr reiz- und ausdrucksvoll ist dabei die Einkleidung der modernen Chansons in den Renaissanceklang der Lautten Compagney in den Arrangements von Bo Wiget und Wolfgang Katschner, der die Klavierstücke von Erik Satie dafür einrichtete. Da scheinen ein Hanns Eisler (1898-1962) mit seiner Vertonung des Gedichtes An die Nachgeborenen von Bertolt Brecht und ein Johann Hildebrandt mit seinen Arien aus Krieges-Angst-Seufftzer aus dem Jahre 1645 fast zeitgleiche Nachbarn zu werden und mit Erik Satie (1886-1925) über die Kriegsgräuel zu trauern, und geradezu unheimlich traurig wird’s bei Hollaenders (1896-1976) Wiegenlied einer Mutter in der Nachbarschaft zu Andreas Gryphius‘ (1616-1664) Vanitas-Gedicht Die Herrlichkeit auf Erden auf die Melodie Innsbruck ich muss dich lassen von Heinrich Issac und dem Kinderlied Schlaf, Kindlein, schlaf mit dissonanten Lautentönen: ein Triumph der Konzeptkunst und der Arrangeure.
Dorothee Mields ist mit ihrem warmen, runden und sehr wandelbaren Sopran und ihrer klaren Artikulation zuallermeist eine sehr passende Interpretin – nur für manch bissige Chansons, vor allem für die Rollengedichte, fehlt ihr die akklamatorische Schärfe und die saloppe Frechheit. Und die Lieder eines armen Mädchens von Friedrich Hollaender würden im originalen Berliner Dialekt doch an tragischer Unerbittlichkeit gewinnen. Und warum nicht abwechseln, also mit mehreren Solisten arbeiten? Und warum für die Motetten von Heinrich Schütz nicht einen auch noch so kleinen Chor? Lobe den Herren und Verleih uns Frieden könnten da mit noch mächtiger Eindringlichkeit erklingen.
Rainer W. Janka [10.01.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Friedrich Hollaender | ||
1 | Die Hungerkünstlerin (Lieder eines armen Mädchens) | 00:03:31 |
Heinrich Schütz | ||
2 | Erbarm dich mein SWV 447 | 00:02:38 |
trad. | ||
3 | Es geht ein dunkle Wolk herein | 00:02:35 |
Samuel Scheidt | ||
4 | Galliard Cantus XX | 00:02:03 |
Heinrich Albert | ||
5 | Ich steh' in Angst und Pein | 00:01:58 |
Johann Hildebrand | ||
6 | Ach Herr! Du Erbarmer der Menschen (Krieges-Angst-Seufftzer) | 00:01:11 |
Hanns Eisler | ||
7 | Elegie I | 00:03:19 |
8 | Nun, Herr, du bist ja ein allmächtiger (Krieges-Angst-Seufftzer) | 00:01:10 |
Erik Satie | ||
9 | Gnossienne Nr. 3 | 00:03:15 |
Heinrich Isaac | ||
10 | Vanitas! Vanitatum Vanitas! (Die Herrlichkeit auf Erden) | 00:02:34 |
Friedrich Hollaender | ||
11 | Wiegenlied an eine Mutter (Lieder eines armen Mädchens) | 00:03:17 |
Anon. | ||
12 | Schlaf, Kindlein, schlaf | 00:00:52 |
Hanns Eisler | ||
13 | Und es sind die finstren Zeiten | 00:01:08 |
14 | Über den Selbstmord | 00:01:48 |
Melchior Franck | ||
15 | In illo tempore (Die Gans, Newes Teutsches Musicalisches Froeliches Convivium, Coburg 1622) | 00:03:21 |
Samuel Scheidt | ||
16 | Galliard Battaglia Nr. 21 (aus: Ludi Musici, 1621) | 00:01:38 |
Anon. | ||
17 | Schnitter Tod | 00:03:51 |
Andreas Hammerschmidt | ||
18 | O barmherziger Vater (Musicalische Andachten, Teil 2 1641) | 00:04:22 |
Heinrich Schütz | ||
19 | Lobe den Herren, meine Seele op. 2 SWV 39 | 00:05:05 |
CD/SACD 2 | ||
Samuel Scheidt | ||
1 | Paduan Cantus V | 00:05:01 |
Heinrich Albert | ||
2 | Letzte Rede einer vormals stolzen und gleich jetzt sterbenden Jungfrauen (Arien Teil 4) | 00:02:36 |
Hanns Eisler | ||
3 | Wenn ick mal tot bin (Lieder eines armen Mädchens) | 00:02:59 |
Erik Satie | ||
4 | Gymnopédie Nr. 1 | 00:02:47 |
Samuel Scheidt | ||
5 | Von Gott will ich nicht lassen (Geistliche Concerten Teil 1) | 00:02:32 |
Hanns Eisler | ||
6 | Und ich werde nicht mehr sehen das Land | 00:01:07 |
7 | An den kleinen Radioapparat | 00:01:07 |
Andreas Hammerschmidt | ||
8 | Kunst des Küssens | 00:02:05 |
Friedrich Hollaender | ||
9 | In den Abendwind geflüstert (Lieder eines armen Mädchens) | 00:03:39 |
Heinrich Schütz | ||
10 | Verleih uns Frieden gnädiglich op. 11 Nr. 4 SWV 372 | 00:03:31 |
Friedrich Hollaender | ||
11 | Currende (Lieder eines armen Mädchens) | 00:02:59 |
Interpreten der Einspielung
- Dorothee Mields (Sopran)
- Lautten Compagney Berlin (Ensemble)
- Wolfgang Katschner (Laute, Leitung)