Hindemith Rota Shostakovich
Etera ET002
1 CD • 63min • 2016
06.09.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Kaum ein Instrument ist so verkannt wie die Bratsche. Denn was fällt den meisten Zeitgenossen ein, wenn sie das Wort „Bratsche“ hören? Richtig: ein Witz. Das ist – zumindest für die Nicht-Bratscher – meistens lustig, aber auch ein bisschen ungerecht. Während andere Instrumente so etwas wie einen Star-Bonus genießen, sind die klanglich vermeintlich unscheinbar zwischen Geigen und Celli angesiedelten Bratscher eher die Mauerblümchen im Orchesteralltag. Bratscher, die eine Solokarriere hinlegen, kann man gar an einer Hand abzählen.
Doch es gibt sie. Einer, der den Spagat zwischen Solo- und Orchesterkarriere wagt, ist Yuri Bondarev, stellvertretender Solo-Bratscher der Düsseldorfer Symphoniker und Solist dieser Einspielung, die er zusammen mit seinem in jeder Hinsicht exzellenten Klavierpartner Gabriele Leporatti vorgelegt hat. Das Repertoire: hochinteressant. Düsteres und Luzides von Paul Hindemith und Dmitri Shostakovich, zudem lyrische Intermezzi von Nino Rota und Sergei Rachmaninoff. Schroffe Gegensätze, aber auch erhellende Synergien werden hier freigesetzt.
Das Ergebnis kann sich nicht nur hören lassen, es ist nicht nur ein nachdrückliches Plädoyer für die Bratsche als Soloinstrument, es überzeugt durchaus. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Hindemiths Sonate op. 11,4 beginnt sehr verhalten und matt, Bondarev reizt hier wie auch in den nachfolgenden Variationen das subtile, gerne mit der menschlichen Stimme verglichene Klangspektrum der Bratsche schön aus. Auch Shostakovichs Sonate op. 147 kommt mit Nachdruck daher: hier werden nicht nur in virtuoser Manier Saiten geschrubbt und – frei nach Hindemiths legendärem Ausspruch „Tonschönheit ist Nebensache“ aus der Solo-Sonate für Viola op. 25,1- gegen den Strich gebürstet, Bondarev und Leporatti loten das doppelbödige, erschütternde und existenzielle Moment dieser Musik nachdrücklich aus. Nur gelegentlich könnte man sich doch noch ein Quäntchen mehr unerbittlichen musikalischen Extremismus vorstellen, da bleibt Bondarevs Spiel zuweilen einen Hauch zu unscheinbar.
Guido Krawinkel [06.09.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Paul Hindemith | ||
1 | Sonate F-Dur op. 11 Nr. 4 für Viola und Klavier | 00:18:05 |
Nino Rota | ||
4 | Intermezzo | 00:08:51 |
Dimitri Schostakowitsch | ||
5 | Sonate C-Dur op. 147 für Viola und Klavier | 00:32:23 |
Sergej Rachmaninow | ||
8 | Daisies op. 38 No. 3 (Gänseblümchen) | 00:03:49 |
Interpreten der Einspielung
- Yuri Bondarev (Viola)
- Gabriele Leporatti (Klavier)