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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Dvořák • Suk

Ondine ODE 1279-5

1 CD/SACD stereo/surround • 67min • 2015

22.03.2016

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Christian Tetzlaff hat mit den Philharmonikern aus Helsinki unter ihrem musikantisch-kraftvollen langjährigen Chefdirigenten John Storgårds ein wunderschönes böhmisches Programm aufgenommen, das Dvoráks frühe Romanze und sein Violinkonzert mit der viel zu wenig gespielten großen Fantasie von Dvoráks Schwiegersohn Josef Suk kombiniert – in genau umgekehrter Reihenfolge der Entstehung: Suk macht den Anfang, was ihm endlich einmal in prominenter Umgebung die gebührende Aufmerksamkeit sichert, und die Romanze erklingt als träumerische Zugabe. Da Storgårds selbst ein hochkarätiger Geiger ist, der einst mit Leif Segerstam am Pult, gleichfalls für Ondine, eine exzellente Aufnahme des Violinkonzerts von Schumann (zuzüglich der Violinfassung des Cellokonzerts) machte, weiß er natürlich intuitiv, wie er mit dem ‚primus inter pares’ in lebendigen Dialog tritt und weitestgehend die nötige Transparenz gewährleistet. Es wird mit Natürlichkeit, Delikatesse und Feuer musiziert, und es fällt auf, wie genau Tetzlaff den Notentext in seinen dynamischen Graduierungen und agogischen Untergliederungen umsetzt. Im Orchester geschieht dies nicht mit derselben Gewandtheit, obgleich das Ergebnis im Vergleich zu den meisten anderen Aufnahmen sehr gut, also überdurchschnittlich kultiviert ist. Woran es vor allem des öfteren fehlt, ist im oberen dynamischen Bereich die Integration des Blechs, das dann mit Haltetönen einfach zu dominant wird – ein allzu gewohntes Manko, das auch hier nicht ganz bewältigt wird. Natürlich möchte jeder ambitionierte Musiker seinen eigenen Zugang haben, und es ist ohnehin schon viel zu üblich, sich durch Aufnahmen anderer durchzuhören, um den eigenen Zugang zu verorten und sich hier und da etwas abzuschauen oder eben die Sinne dafür zu schärfen, was nicht angemessen ist. Doch in diesem Fall würde es sich nun wirklich dringend empfehlen, die großen Protagonisten der idiomatischen tschechischen Tradition zu studieren: über Dvorák und Suk kann man Entscheidendes von Vaclav Talich lernen, weniger von Ancerl oder auch Kubelik, jedoch wieder umso mehr von einem Dirigenten, der heute der Tschechischen Philharmonie vorsteht und auch dem BBC Symphony Orchestra in jahrelanger Arbeit beibrachte, wie der Tonfall dieser Musik zu treffen, was charakteristisch ist, und wie mit den auch durch die historischen Veränderungen entstandenen Balance- und Mischungsproblemen umzugehen ist: Jirí Belohlávek. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass hier, auf sehr hohem Niveau, einmal einfach „das Bessere der Feind des Guten“ ist. Erst vor kurzem erschien bei Supraphon eine CD mit dem phänomenalen Josef Spacek und der Tschechischen Philharmonie unter Belohlávek, wo Dvoráks Konzert mit Suks Fantasie und dem rekonstruierten Konzert in einem Satz von Janácek kombiniert ist (Supraphon SU 4182-2). Wer nicht wegen der Romanze zugreift, ist damit ideal versorgt, und es dürfte heute keine Besetzung geben, die es mit dieser aufnehmen könnte – ungeachtet dessen, dass Spacek hierzulande noch ein weitgehend Unbekannter ist. Wenn man sich dann noch eine weitere Aufnahme besorgen will, ist die hier vorliegende gewiss ein Favorit, mit einem gereiften, abgeklärten und keineswegs stromlinienförmig agierenden, aber auch nicht von interpretatorischen Willkür-Dämonen besessenen Tetzlaff, einem Top-Orchester von internationaler Klasse und einem ausgesprochen seriösen, musikalischen Dirigenten, der es von Natur aus nicht darauf anlegt, zu den Showmen seines Fachs zu gehören. Diese Musiker sind an Tiefgang interessiert, und das vermittelt sich auch. Die Aufnahmetechnik ist wie eigentlich immer bei der Kombination eines Streichersolisten mit großem Orchester sehr problematisch, und mir wäre es eine echte Wohltat, wenn weniger Wert darauf gelegt würde, die Sologeige durchgängig in all’ ihren zweifellos hörenswerten Nuancen hörbar zu machen und dafür insbesondere die Dialoge mit den Holzbläsersolisten sinnfälliger – also auf Augenhöhe – das Ohr des Hörers erreichen könnten. Doch das sind grundsätzliche Entscheidungen, auf die möglicherweise die Musiker gar keinen Einfluss genommen haben, und es ist gar nicht so selbstverständlich, zu erwarten, dass man sich über eine Ästhetik hinwegsetzt, die seit Bestehen der Aufnahmegeschichte mehr oder weniger prägend ist. Die Produktion wird abgerundet durch einen solide informierenden Booklettext von Oliver Fraenzke.

Christoph Schlüren [22.03.2016]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Josef Suk
1Fantasie g-Moll op. 24 für Violine und Orchester 00:23:16
Antonín Dvořák
2Violinkonzert a-Moll op. 53 B. 108 00:30:20
5Romanze op. 11 für Violine und Orchester 00:12:27

Interpreten der Einspielung

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