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Besprechung CD/SACD stereo/surround

BIS 1719

1 CD/SACD stereo/surround • 67min • 2008, 2009

16.06.2010

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

„James MacMillans Musiksprache ist erfüllt von Einflüssen seiner schottischen Herkunft, dem römisch-katholischen Glauben, dem Gefühl sozialer Verantwortung sowie seiner engen Verbindung mit keltischer Volksmusik und dem Interesse an fernöstlicher, skandinavischer und osteuropäischer Musik.“

Na, da hat einer im Booklet aber auch kaum was ausgelassen. Höchstens, dass noch die Regentänze der Wakapuchi-Indianer und die Trommelkunst der Feuerländer hätten erwähnt werden sollen? – Aber ernsthaft: Wenn ich heute, zwanzig Jahre nach dem Triumph, den MacMillan 1990 bei den BBC Proms mit seiner Confession of Isobel Gowdie erringen konnte, auf die Entwicklung blicke, dann hat sich meine damalige Hoffnung gewiss nicht erfüllt – dass er nämlich aus den Ansätzen zu einer Umkehr etwas von Dauer gemacht und vielleicht auf einem geraden, tapferen Weg über die multiplen Irrtümer des 20. Jahrhunderts hinweggeschritten wäre.

Längst ist MacMillan etabliert. Er schaut bedeutend drein. Liefert mal geballte Ladungen, mal filigrane Erinnerungen an die großen Russen, dann wieder, wie ich den 2006 entstandenen Sun-Dogs für Chor a cappella entnehme, eine sehr harmonische, angenehm in die Ohren fallende Musik, der man auch dann länger zuhören kann, wenn man nicht unbedingt begreifen will, was es denn mit dieser Betrachtung über die Rolle des Hundes in verschiedenen Kulturen und Religionen auf sich hat. Gebellt wird jedenfalls nicht. Vielmehr ist der Chorsatz wunderschön, der Klang exzellent – was wollte man also mehr?

Ganz einfach: eine größere Aufrichtigkeit anstelle der Seitenblicke auf die wechselnden Mehrheiten des Konzertbetriebs, der mal mit ironisch anmutenden Walzerklängen (Sinfonie Nr. 2), dann mit drastischen Detonationsgebärden (The Scotch Bestiary) und endlich mit spielerischen Kniefällen vor Prokofieff, Schostakowitsch & Co. (Klavierkonzert Nr. 2) bedient wird. So ist denn auch die mittlerweile achtzehn Jahre alte Visitatio sepulchri für Chor und Kammerorchester ein Konglomerat nach dem eingangs zitierten Rezept.

„Der Grabbesuch der drei Marien”, der sich zwischen indifferenten Clustern, willkürlich wirkenden Schlagzeug-Eruptionen, prächtigen Flächen, wagnerischen Anspielungen, satten Blechbläserrufen und weiten Bögen auf eine Dreiviertelstunde dehnt, mag unter der Leitung des Komponisten noch so authentisch geraten sein: Mich macht diese Musik „unleidlich“, und das ist etwas, das ich am wenigsten ausstehen kann. Herzhafte Provokationen, polystilistische Schichtungen, berstende Dissonanzen wie Olivier Messiaens Chronochromie (welch großartiges Werk des französischen Universal-Katholiken!) – alles gern, immer wieder und in reichlichen Mengen genommen. Aber nicht so durcheinander, mit künstlichen Geschmacksstoffen und Bindemitteln angerührt, immer wieder durchs gesamte Arsenal der viel zu vielen Räppelchen und Trömmelchen zum Köcheln gebracht, weil’s gerade opportun erscheint. Das haben wir täglich und stündlich in der Politik, das brauchen wir nicht auch noch in den „bessern Welten“ der Kunst.

Am Klang und der Interpretation der Musik ist freilich nicht zu rütteln. Abzüge gibt es nur für das Beiheft, für dessen deutsche Übersetzung wieder einmal der gotische Dolmetscher Holperik verantwortlich zeichnet.

Rasmus van Rijn [16.06.2010]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
James MacMillan
1Sun-Dogs 00:21:13
6Visitatio Sepulchri 00:45:00

Interpreten der Einspielung

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