Danielle de Niese Handel Arias
Decca 475 8746
1 CD • 72min • 2007
11.11.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Bei Vorführungen von Opern oder Oratorien des 17. Jahrhunderts, ganz gleich ob konzertant, auf der Bühne oder auf Tonträgern, staunt man in jüngerer Zeit immer wieder über die Fülle von blendend geschulten Stimmen, die allen Anforderungen der schwierigen Partituren bis ins kleinste gerecht werden. Zu diesen neuen Sternen zählt die junge, aus Australien gebürtige Sopranistin Danielle de Niese. In vielen bedeutenden Opernproduktionen konnte sie ihre exzeptionelle Kunst beweisen, in neuester Zeit in Händels Ariodante (Theater an der Wien 2008), wo sie nicht nur ihre Gesangsvirtuosität, sondern auch ihre starke Bühnendominanz unter Beweis stellen konnte.
Ihr Album mit zwölf Händel-Arien rechtfertigt den außerordentlichen Rang der Künstlerin, wobei aber auch gesagt werden muß, daß die Stimme selbst nicht frei von Problemen ist. Nikolaus Harnoncourt hat vor kurzem seine Vorliebe für häßliche Stimmen bekannt, wie beispielsweise für jene der Callas. Das ist natürlich ein extremer Standpunkt, der aber – richtig betrachtet – Wahres enthält. Häßlich ist die Stimme von Danielle de Niese sicher nicht, andererseits aber auch keine reine „Ohrenweide“. Es ist ein strenger, oft auch harter Ton, der diese Sopranstimme kennzeichnet. Wer sich damit anfreunden kann, wird jedoch reichlich beschenkt. Jede dieser Arien ist von einem inneren Leuchten erfüllt, die Stimme „brennt“, läßt keinen Moment der Ablenkung zu. Die Arie „Lascia ch’io pianga“ aus Rinaldo hat man schon von den verschiedensten Sängerinnen vernommen: meistens mit weicher, süßer Wohlklangsstimme. Ganz anders Danielle de Niese – aber auch ihre von geheimer Unruhe erfüllte Interpretation, die sich mitunter in einer flimmernden Tongebung äußert, kann bestehen. Wenn man von einer Sängerin behauptet, daß sie die Zuhörer „packt“, dann trifft es auf diese außergewöhnliche Künstlerin zu. Nicht unerwähnt soll sein, daß sie als „Bühnen-Beauty“ mit allen derzeit gefeierten Idolen absolut mithalten kann. Das reich bebilderte Beiheft macht von dieser Besonderheit reichlich Gebrauch.
Erhöht wird die Wirkung der Aufnahme durch ein Instrumentalensemble von höchsten Künstlergraden. Sänger-Porträts werden oft durch mittelmäßige Orchester-Assistenz beeinträchtigt, manchmal sogar entwertet. Hier aber sind es die berühmten Les Arts Florissants unter William Christie, die alles andere als den banal-sprichwörtlichen „Klangteppich“ liefern, sondern jede Nummer mit Geist und Leben erfüllen.
Und nicht zuletzt: das beseligende Wunder der Händel-Musik. Was für eine Fülle von musikalischen Juwelen, die da mit großem Kunstverstand ausgewählt wurden! Manche der Arien sind lang, sogar sehr lang, das stimmt. Aber die elf Minuten, die der herrliche Trauergesang der Ginevra (aus Ariodante) währt, können einem wahrhaft den Himmel auf Erden bescheren. Somit eine schöne Gabe, nicht nur für die Alte-Musik-Derwische.
Clemens Höslinger [11.11.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Friedrich Händel | ||
1 | Da tempestate (aus: Giulio Cesare in Egitto HWV 17) | 00:06:16 |
2 | Lascia ch'io pianga (aus: Rinaldo HWV 7) | 00:05:02 |
3 | Tornami a vagheggiar (aus: Alcina HWV 34) | 00:04:32 |
4 | Dolce riposo, ed innocente pace (aus: Teseo HWV 9) | 00:03:52 |
5 | Ira, sdegni, e furore ... O stringerò nel sen (aus: Teseo HWV 9) | 00:04:36 |
6 | Felicissima quest'alma | 00:05:50 |
7 | Il mio crudel martoro (aus: Ariodante HWV 33) | 00:11:12 |
8 | Vo' far guerra (aus: Rinaldo HWV 7) | 00:07:32 |
9 | Ah spietato (from: Amadigi di Gaula HWV 11) | 00:05:33 |
10 | Myself I shall adore (aus: Semele HWV 58) | 00:07:34 |
11 | Piangerò la sorte mia (aus: Giulio Cesare in Egitto HWV 17) | 00:06:20 |
12 | Endless pleasure, endless love (aus: Semele HWV 58) | 00:03:32 |
Interpreten der Einspielung
- Danielle de Niese (Sopran)
- Les Arts Florissants (Orchester)
- William Christie (Dirigent)