hänssler CLASSIC 98.273
1 CD • 76min • 2007
10.09.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mendelssohns Psalm-Vertonungen standen lange Zeit im Schatten seiner Instrumentalmusik und der großen Oratorien Elias und Paulus. Erst seit Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ist das Interesse daran wiedererwacht und hat inzwischen auch eine Reihe von unterschiedlichen Einspielungen gezeitigt. Helmuth Rilling gehörte schon früh zu den Fürsprechern dieser wenig bekannten Werke. Für seine und die Freunde der Gächinger Kantorei legt Hänssler Classics anlässlich des Mendelssohn-Jahres die zwölf Jahre alte Aufnahme von Psalm 42 Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, Mendelssohns berühmtester Psalm-Vertonung, wieder auf – gekoppelt mit drei kleineren Psalmen, die sechs Jahre später aufgenommen wurden.
Die früheste Komposition in dieser Sammlung ist der 115.Psalm Nicht unserem Namen, Herr, entstanden während Mendelssohns Italien-Reise 1830 in Rom, ein dunkel gefärbtes Werk, das sich an das Vorbild Bachscher Kantaten anlehnt. Dem gegenüber steht Psalm 98 Singet dem Herren ein neues Lied, komponiert 1843 im Auftrag Friedrich Wilhelms IV. von Preußen für den neu gegründeten Berliner Domchor, ein glanzvolles Werk, das vom A-cappella-Chor (in Halbchöre aufgeteilt und mit hervortretenden Solostimmen) erööffnet wird, zu dem nach und nach Harfe, Bläser und volles Orchester mit Orgel hinzutreten – wobei die textlich gerechtfertigte Einbeziehung der Harfe sogar zu einem Streit mit Berliner Theologen führte, da die Harfe als „profanes“ Instrument galt.
Ohne Solisten durchgehend für achtstimmigen Chor mit Orchester gesetzt ist der großartige Psalm 114 Da Israel aus Ägypten zog, der bei seiner Uraufführung 1840 im Leipziger Gewandhaus einen großen Eindruck machte und als eines der stärkten geistlichen Werke Mendelssohns gilt. 1837 entstand der umfangreiche 42.Psalm Wie der Hirsch schreit, ein tief empfundenes Werk und schon von Robert Schumann als außerordentlich gelungene Komposition gerühmt. Vom elegischen Eingangssatz über die sehnüchtige Sopran-Arie mit Oboensolo und das aparte Quintett, das die Zweifel des Soprans dem Gottvertrauen der vier Männerstimmen gegenüberstellt, wölbt sich der Bogen zur prachtvollen Schlussfuge.
Rillings Wiedergaben stehen in bester Kantorei-Tradition und werden dem Romantiker Mendelssohns vollauf gerecht. Der Chor singt sauber und mit großem Ausdrucksradius, nicht immer mit der Homogenität und Durchsichtigkeit heutiger Spezialensembles, dafür aber mit warmem Klang im Piano und Leuchtkraft im Forte. Auch die Solisten halten das ansprechende Niveau und fügen sich nahtlos in Rillings vor allem der großen Linie verpflichtetes Konzept. Wer bei Mendelssohn auf historisierende Effekte verzichten kann, ist mit dieser Produktion gut bedient.
Sixtus König † † [10.09.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
1 | Nicht unserem Namen, Herr op. 31 (Der 115. Psalm) |
Interpreten der Einspielung
- Marlis Petersen (Sopran)
- Sibylla Rubens (Sopran)
- Alexandra Paulmichl (Alt)
- Tom Allen (Tenor)
- Scot Weir (Tenor)
- Christoph Genz (Tenor)
- Morten Ernst (Bass)
- Gächinger Kantorei Stuttgart (Chor)
- Bach Collegium Stuttgart (Orchester)
- Helmuth Rilling (Dirigent)