Berlin Classics 0017752BC
1 CD • 78min • [P] 200678
11.01.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Auf die Pianistin Ragna Schirmer darf man sich verlassen. Eins ums andere Mal präsentiert sie erstrangige Interpretationen. Und sie verleiht mit ihrem Engagement dem Berliner „klassischen“ Label, dem sie treu geblieben ist, eine Aura der Kontinuität, der hohen Wertigkeit – und korrigiert so den Eindruck einer ausschließlichen – wenn auch liebevollen – Entsorgung und Wiederbeatmung von früheren DDR-Produktionen. Für die beiden Klavierkonzerte und die hier dankenswerterweise „zugegebenen“ Konzerstücke nennt die immer noch junge Ragna Schirmer windige, geschmeidige, im wirbelnden Hinauf und Hinab treffsichere Finger ihr eigen. Aber es handelt sich bei ihrem Spiel nicht nur um ein rasantes Tastendrücken auf Schwarz und Weiß, sondern um ein Ein- und Ausmatnen der Mendelssohnschen Themen und all jener brillanten Formulierungen, die raumgreifend, sprühend von Melodie zu Melodie geleiten. Das macht Freude, das gibt auch zu denken, warum in den Nachkriegsjahren bis weit in die 70er Jahre die Musik Mendelssohns gleichsam von oben herab als glitschige, seichte Unterhaltung belächelt und abgelehnt wurde. In Deutschland wurde ein Qualitätsbewusstsein – seitens der federführenden Kritik! – gefördert, das sich nicht mit Kompositionen der angeblich zweiten Reihe identifizieren, ja beschmutzen wollte. Schuldgefühle, wenn man will – und kriegsposthumer Rassismus. Nun gut. Jetzt darf man diese wundersam mobilen, verschwenderisch kantablen, glitzernd in ihren Dreiklangszerlegungen den Interpreten über die Klaviatur lotsenden Konzerte genießen – und Ragna Schirmer weiß auch den lebenskräftigen, naiv-schöngeistigen Konzertstücken das ihnen zukommende Leben einzuspeisen.
Dem in letzter Zeit stärker in der medialen Öffentlichkeit auftrumpfenden Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken ist gute Arbeit, gute Mitarbeit zu attestieren. Im Umfeld der beiden Klavierkonzerte habe ich die Begleitinitiativen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (mit András Schiff als Solisten) als Beispiel noch sensiblerer, noch elastischerer „Compagney“ in Erinnerung. Aber im Vergleich zu den im Anhang (auszugsweise) angegebenen Vergleicheinspielungen ist diese Schirmer/Herbig-Edition eine mehr als freundliche Übernahme – nämlich: dem Musikfreund nahezulegen, zu bestellen oder sich geschwind in einen Laden zu begeben, um in Ruhe und – den Stücken entsprechend – auch aufgeregt fünf Werke von Mendelssohn zu genießen.
Vergleichsaufnahmen:
Klavierkonzerte Nr. 1 und 2: A.Schiff – Dutoit (Decca); Katsaris – Masur (Teldec 8573-80991-2), Mamokian – Stahl (Orfeo C 497001 A), Kara – Myrat (Agora 126.1), Thibaudet – Blomstedt (Decca 468600-2); Klavierkonzert Nr. 1: Dorfman – Goehr (Pearl GEM 0010), Moisiewitsch – Ronald (Piano Library 246); Capriccio brillant op. 22: Margalit – Thomson (Chandos 7070), Wirtz – Smola (Koch 3-1372-2). Huang –Masur (Teldec 0630-15859-2), Hobson (AR Z 6688); Serenade op. 43: Wirtz – Smola (Koch 3-1372-2)
Peter Cossé † [11.01.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll op. 25 | |
2 | Capriccio brillant h-Moll op. 22 | |
3 | Klavierkonzert Nr. 2 d-Moll op. 40 | |
4 | Serenade und Allegro giocoso h-Moll op. 43 | |
5 | Rondo brillant Es-Dur op. 29 für Klavier und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Ragna Schirmer (Klavier)
- Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken (Orchester)
- Günther Herbig (Dirigent)