Historische Orgeln in Frankreich Vol. 2
Sinus Sin 3002
1 CD • 67min • 2005
03.05.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Historische Orgelporträts, also Aufnahmen, welche bestimmte Instrumente in den Mittelpunkt stellen, leiden nicht selten an der Repertoirewahl. Entweder führt die Wahl bloßer Standardwerke ins Pauschale, oder aber das spezifische Repertoire, das tatsächlich musikgeschichtlich mit der betreffenden Zeit oder gar dem Instrument konnotiert ist, ist weniger an sich überzeugend, denn bloß beispielhaft von Interesse, so daß die Musik bezüglich ihres Reizes nicht mit dem Instrument mithalten kann.
Beide Gefahren konnten in diesem Porträt der Clicquot-Orgel der Kathedrale Saint-Pierre zu Poitiers sehr erfolgreich vermieden werden. Sämtliche Stücke der insgesamt neun Meister des französischen 17. und 18. Jahrhunderts sind von hoher und höchster Qualität, wobei die meisten Namen nur Spezialisten bekannt sein dürften; die meisten der Stücke sind sehr knapp gehalten, auch wenn sie – wie im Falle der Suiten von Francois d’Angincour (um 1680–1738) oder Jean-Adam Guilain (um 1680–1740) – zu größeren zyklischen Werken gruppiert werden. In jedem der Sätzchen jedoch wird das meist interessante und wenig formelhafte motivische Material so konzis durchgeführt, daß immer wieder der Eindruck einer überschießenden Einbildungskraft entsteht.
Ein wiederkehrendes Motiv des Programms ist das der Weihnachtsmusik; sowohl Nicolas Lebègue als auch Claude-Bénigne Balbastre, Pierre Dandrieu und Jean Francois Dandrieu sind mit Noëls vertreten, und besonders das nur etwa anderthalb Minuten lange Nous sommes en voie des letzteren fasziniert mit der geradezu magisch-meditativen Beschränkung auf einfachstes Tonmaterial. Sämtliche Stücke spielt Albert Bolliger mit kraftvoller Entschlossenheit: Er betont das rhythmische Element der Musik, geht harmonische Entwicklungen sehr zielstrebig an, und setzt mit den Finalakkorden stets energische Schlußpunkte – ohne wohlgemerkt je harsch zu agieren. Die jeweiligen Registrierungen darf man mit Recht historisch informiert nennen, besonders in der Berücksichtigung der für die französische Orgellandschaft charakteristischen hellen und schnarrenden Zungenregister. Eine Platte, die gleichzeitig lehrreich wie musikalisch überaus ansprechend gelungen ist.
Prof. Michael B. Weiß [03.05.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Nicolas Lebègue | ||
1 | Simphonie in B | |
2 | Élévation pour la voix humaine | |
3 | Puer natus est nobis (Noël) | |
Jean Henri Anglebert | ||
4 | O beau jaradin (Sarabande) | |
Jacques André François Agincourt | ||
5 | Suite in c | |
Pierre Dandrieu | ||
6 | Chrétiens qui suivez l'église (Noël) | |
7 | Vous qui désirez sans fin (Noël) | |
Jean-François Dandrieu | ||
8 | Nous sommes en voie (Noël) | |
Jean-Adam Guilain | ||
9 | Suite du premier ton | |
Nicolas Siret | ||
10 | Sarabandes en sol mineur, sol majeur | |
Claude Bénigne Balbastre | ||
11 | Quatrième Suitte de Noël | |
12 | Gavotte | |
Michel Corrette | ||
13 | Offertoire L'Éclatante |
Interpreten der Einspielung
- Albert Bolliger (Orgel)