
Ondine ODE 1071-2
1 CD • 57min • 2005
05.04.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Spätestens seit den Tagen George Gershwins wird die Verquickung von Unterhaltungsmusik und sinfonisch-konzertanter Tradition gerne gesehen. Tatsächlich haben die glücklichsten Werk-Beispiele wohl auch tatsächlich beide Seiten bereichert. Der 1970 geborene Iiro Rantala ist einer der bekanntesten finnischen Jazzer, tritt aber auch als klassischer Pianist auf. Was läge näher, ihn auch einmal als Komponisten eines größeren Werkes vorzustellen – im Kontext der skizzierten Tradition des Mittlers zwischen U- und E-Musik?
Tatsächlich ist das Concerto for Piano and Concerto, das gemäß der Tonartenbezeichnung gleichzeitig in Gis und As stehen soll, eine nette und kurzweilige Satire geworden. In dem äußerlich dreisätzigen Stück reiht Rantala wahllos alle möglichen Stilarten der Unterhaltungsmusik des vergangenen Jahrhunderts aneinander: Vaudeville, Musical, das scratching der Diskjockeys, pseudo-pianistisches Virtuosentum, sinfonischen Pop à la Leroy Anderson, eine Prise Prokofieff’sche Motorik – wie ein komponierender Jazz-Improvisator ruft Rantala Stilarten hervor, so als ob er quasi in schneller Folge die Sender eines Radios verstellen würde und die zufällig erscheinenden Musikfetzen dennoch irgendeine musikalische Kohärenz ergäben.
Dabei sind die einzelnen Elemente für sich alle nicht neu; auch die Anfangsidee, den Stimmton der Oboe und das Einstimmen der Instrumente zum Einstieg zu benutzen, ist bereits von John Coriglianos Oboenkonzert bekannt. Kurzweilig ist der Stil-Mix deshalb, weil Rantala ein so hohes Tempo an den Tag legt und nie mit einer Stilistik langweilt. Freilich ist der fröhliche Eklektizismus auch mit dem Verlust jeder Form bezahlt: Die Episoden sind vollkommen beliebig aneinandergereiht. Einen Vergleich mit Gershwin oder Bernstein hält das Concerto also kaum aus; zudem verschenkt die Instrumentation, die nicht vom Komponisten selbst stammt, sondern von Jaakko Kuusisto, zuviel an Klang und Differenzierungsnuancen: Die Tapiola Sinfonietta klingt nicht ihren Möglichkeiten gemäß, sondern dünn, trocken, strohig.
Man hört dem Stück letztlich an, was auch die im Begleittext wiedergegebene Entstehungsgeschichte suggeriert: Daß Rantala sich letztlich innerhalb der Form des sinfonisch begleiteten Konzertes nicht wohl fühlte. Diesen Eindruck legen auch die zugegebenen kleineren Stücke nahe, etwa die pop-artige Ballade Astorale für Klavier solo oder der Tangonator für Geige und Klavier: Befreit vom Orchester, das er wohl als Ballast empfindet, zeigt sich Rantala als weitaus freierer Musiker als im Konzert abgibt.
Prof. Michael B. Weiß [05.04.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Iiro Rantala | ||
1 | Klavierkonzert Gis-Dur | |
2 | Astorale für Klavier | |
3 | Tangonator für Violine und Klavier | |
4 | Final Fantasy für Klavier und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Iiro Rantala (Klavier)
- Tapiola Sinfonietta (Orchester)
- Jaakko Kuusisto (Violine, Leitung)