cpo 999 946-2
1 CD • 66min • 2002
24.05.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Der Pianist Alfred Brendel beklagte unlängst in einem Gespräch den Verlust der „großen Linie“ im Musizieren unserer Tage. Sein pessimistisches Urteil mag berechtigt sein (oder auch nicht) – diese Aufnahme jedenfalls müßte von dem Vorwurf der „Zerkleinerung“ und Kurzatmigkeit ausgenommen werden. Die Schweden Ulf Wallin und Roland Pöntinen wissen sehr wohl die epische Dimension der Musik auszuspielen, ja für die formbewußte, großbogig und zyklisch entworfene Kunst eines Camille Saint-Saëns erweist sich das Duo geradezu als Idealbesetzung. Dabei bietet ihr Vortrag jede nur wünschenswerte Detail- und Tiefenschärfe. Nichts bleiben sie dieser wunderbaren Kammermusik schuldig, sie bekennen sich zur vergnüglich zelebrierten Virtuosität, scheuen weder Grandeur noch Effekt und genießen die „Ohrwürmer“, den schwelgerischen Klang, die erlesene Salonatmosphäre. Doch zeugt alles von hoher musikalischer Intelligenz, von Geschmack und dramaturgischem Verstand, und ein Werk wie die zweite Violinsonate behandeln sie durchaus mit der gebotenen rhythmischen Energie und kantigen Artikulation.
Erfreulicherweise bietet diese CD nicht nur die berühmte erste Sonate für Violine und Klavier, sondern auch die zweite in Es-Dur op. 102 – und das Triptyque von 1912 (mit einer Vision Congolaise als Mittelsatz). Zum guten Schluß aber verschlägt es einem schier den Atem. Saint-Saëns’ Élégie op. 160, die Komposition eines 85jährigen, beginnt wie ein wehmütiger Abschiedsgruß an eine versunkene Kultur, dann jedoch steigert sich die zarte Melodie zu ungeahnter Dramatik und Monumentalität, als wolle sie alle Zeit und Zweifel hinwegfegen. Und wer könnte dieses Ereignis besser in Töne bannen als Ulf Wallin und Roland Pöntinen, die Meister der „großen Linie“?
Wolfgang Stähr [24.05.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Camille Saint-Saëns | ||
1 | Sonate Nr. 1 d-Moll op. 75 für Violine und Klavier | |
2 | Triptyque op. 136 | |
3 | Sonate Es-Dur op. 102 für Violine und Klavier | |
4 | Elégie op. 160 |
Interpreten der Einspielung
- Ulf Wallin (Violine)
- Roland Pöntinen (Klavier)