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Besprechung CD

Einojuhani Rautavaara

Violin Concerto • Sérénade • Autumn Gardens

cpo 555 559-2

1 CD • 66min • 2022

23.05.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Orchestermusik aus dem Norden Europas ist seit jeher eine Domäne des Labels cpo, immer wieder auch aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Speziell in Bezug auf Finnland zählen etwa die Aufnahmen der Sinfonien von Aulis Sallinen wohl zu den Fixpunkten des cpo-Katalogs, und insofern liegt es eigentlich nahe, dass sich das Label nun auch der Musik von Einojuhani Rautavaara (1928–2016) annimmt, des wohl bekanntesten finnischen Komponisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit dem Geiger Ulf Wallin und dem Dirigenten Ari Rasilainen am Pult des Philharmonischen Orchesters Turku sind bewährte Kräfte im Einsatz, präsentiert werden drei Werke aus Rautavaaras mittlerer und später Schaffensperiode.

Die Jahre der Synthese

Rautavaaras frühe Werke schwanken zwischen verschiedenen Einflüssen und insbesondere Tradition und Moderne, sodass die stilistische Palette, die sein Schaffen um 1960 herum abdeckt, recht breit ist. In etwa ab den 1970er Jahren ist Rautavaara dann zu einer von ihm selbst so benannten „Synthese“ gelangt, die diese Tendenzen in einem Idiom vereint, das zwar für beide Richtungen offen bleibt, im Grunde aber traditionell grundiert ist, in der Regel geprägt von üppiger, breit strömender Klanglichkeit. Ein zentrales Werk dieser Reifejahre ist das eingangs der CD vorgestellte Violinkonzert (1976/77), ein Zweisätzer, dessen verwunschen anmutender Beginn in Violine, Celesta, Harfe und Streichern atmosphärisch sehr dicht und einprägsam geraten ist; klangliche Verschärfungen und insbesondere gegen Mitte des Satzes eine kurze fast pointillistische Passage (in der vorliegenden Interpretation eher kühl verstandenen, etwa im Vergleich zu Oliveira / Segerstam, die einen weicheren, an Vogelstimmen gemahnenden Ansatz wählen) bleiben Episode. Der schnelle zweite Satz weist in seinen Eckpassagen amerikanische Einflüsse auf (Rautavaara hatte dank eines Stipendiums in den USA bei Persichetti, Sessions und Copland studiert) und sorgt für einen wirkungsvollen Konzertschluss in D-Dur, dessen Motorik allerdings in der Satzmitte wiederum durch einen langen lyrischen Abschnitt kontrastiert wird.

Souveräne Interpretation

Ulf Wallin ist ein Geiger, der sich nicht unbedingt in interpretatorische Extrempositionen begibt: sein Spiel besitzt Ausdruck und Schmelz, bewahrt sich dabei aber eine gewisse Kühle, es ist temperamentvoll, aber nicht bedingungslos expressiv. All dies findet sich auch in seiner insgesamt sehr empfehlenswerten Interpretation dieses Konzert wieder. Solide auch die Leistung des Orchesters, manchmal allerdings ein wenig statisch, so etwa in den sacht dissonierenden Tuttipassagen zu Beginn des ersten Satzes oder gegen Ende des Finales, wenn der Vorwärtsdrang der kontinuierlichen Achtelbewegung im Orchester stärker zur Geltung kommen könnte. Als eine Art kurze Zugabe folgt mit Sérénade pour mon amour die erste von Rautavaaras Zwei Serenaden aus seinem Todesjahr 2016 (die zweite wurde posthum von Kalevi Aho komplettiert), ein reizvolles, intim-nostalgisches Werk für Violine und Streichorchester.

Breiter musikalischer Strom

Sind die 1970er Jahre also Rautavaaras Jahre der Synthese, so scheint mir, dass Rautavaara sich in seinen späteren Werken wiederum eher auf bestimmte Aspekte dieses Synthesestils und eine spezifische Ausdruckshaltung konzentriert hat. Hiervon legen die Autumn Gardens Zeugnis ab, ein dreisätziges Orchesterwerk aus dem Jahre 1999. Besaß das Violinkonzert noch gewisse Reibungspunkte, so wirkt die Musik hier wesentlich geglättet, spielt sich im Grunde genommen durchgängig in sehr mäßigen Tempi ab, noch viel mehr als zuvor breit dahinströmend, mit nur milden Dissonanzen, eingebettet in ein opulentes Streicherpanorama und unter weitgehendem Verzicht auf schärfere Kontraste – so ist der Unterschied (im dritten Satz) zwischen dem anfänglichen Giocoso e leggiero und dem nach dreieinhalb Minuten einsetzenden Cantando con calore so groß eigentlich nicht. Für mich ist dies auch etliche Jahre nach der ersten Begegnung eine Musik, die mich ambivalent zurücklässt: sicher für eine Weile angenehm zu hören, aber eigentlich spannungsarm und sowohl innerhalb eines Werks als auch im Vergleich zu umliegenden Werken (in diesem Fall u.a. Sinfonie Nr. 8, Harfenkonzert oder die Manhattan Trilogy) mit wenig Abwechslung. Sicher eine Musik mit unverwechselbarer und unmittelbar zugänglicher eigener Stimme, die aber im Wesentlichen um sich selbst kreist. Rasilainen und das Philharmonische Orchester Turku liefern (wie übrigens auch im Violinkonzert) eine auch bezüglich des Tempos eher verhaltene, solide Lesart ab, die die Homogenität von Rautavaaras Musik betont, stellenweise allerdings stärkere Differenzierung erfahren könnte (vgl. etwa die eigentlich rhythmisch deutlicher konturierten Glockenklänge gegen Ende des 3. Satzes). Erfreulich der umfänglich informierende Begleittext von Joel Valkila.

Holger Sambale [23.05.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Einojuhani Rautavaara
1Violinkonzert 00:27:10
3Sérénade pour mon amour (vollendet von Kalevi Aho) 00:08:12
4Autumn Gardens 00:30:18

Interpreten der Einspielung

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