Teldec 8573-80212-2
2 CD • 1h 37min • 1998, 1999
01.06.2000
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Wie lange hat es dauern müssen, bis der Pianist Rudolf Buchbinder auch nur eines der großen, klassisch- romantischen Klavierkonzerte auf Schallplatte dokumentierte. Vollbeschäftigt in frühen Zeiten mit Haydn- und Beethoven-Gesamtausgaben, dazu Entlegenes aus dem Kammermusikbereich in Diensten von Telefunken (später Teldec), reichte es unter dieser Firmenbetreuung mit Orchester lediglich zu wenigen Mozart-Klavierkonzerten. Für Calig hat Buchbinder inzwischen die komplette Serie vorgelegt. Nachdem sich Buchbinder von seinem Hamburger Unternehmen verabschiedet hatte, gastierte er mit Chopin, Schubert, Mozart, Schumann und Encores bei EMI, schaute auch kurz - mit János Starker - bei RCA vorbei, um nun mit seiner zweiten Teldec-Veröffentlichung nicht nur Heimkehr, sondern einen echten zweiten Tonträger-Frühling zu feiern. Und nun endlich sind es jene kapitalen Werke, die Buchbinder seit Jahrzehnten - zuweilen auch an einem Abend! - aufzuführen pflegt.
In inniger, kritischer und selbstkritischer Zusammenarbeit mit Nikolaus Harnoncourt, der hier eine mutige und goldrichtige Solistenwahl getroffen hat, sind diese beiden Mitschnitte trotz gewaltiger Plattenkonkurrenz ein vielschichtiges Ereignis mit unzähligen Möglichkeiten der hörenden Neubestimmung, also des abenteuerlichen Entdeckens geworden. Allein der erste, sehr breit und tief atmend genommene, einmal nicht von den üblichen Temporückungen in seinem epischen Fluß gestörte Kopfsatz des d-Moll-Konzerts macht deutlich, wie unangefochten von darstellerischen Klischees sich diese beiden Interpreten auf Text und konzertanten Vollzug eingeschworen haben. Buchbinder spielt hier und in allen übrigen sechs Sätzen mit enormem Einsatz, aber auch mit jener Leichtigkeit und Übersicht, die ihm immer dann zu Gebote zu stehen scheint, wenn er sich allen Ernstes verpflichtet und von einer künstlerischen Autorität zusätzlich gefordert fühlt. Alles hat Klang und Aroma, erweist sich im Düsteren wie im Hellen als überlegte Sinnlichkeit, als durchdachte Emotion. Voll und nachhallig die große Oktaven-Passage am Beginn der Durchführung im ersten Teil von op. 15, packend die kapitalen Akkordsequenzen im B-Dur-Schwesterwerk, dessen Lyrismen im dritten und dessen quasi ungarische Gesten so liebevoll, so prickelnd ausgekostet werden wie kaum je im reichen Katalog dieses Werkes.
Harnoncourt und das Concertgebouw Orchestra werden keine Sekunde lang müde, die Energiezellen beider Partituren als funktionale, zugleich aber auch malerische Elemente plausibel zu halten. Unentwegt wird der Hörer mit Impulsen, mit instrumentaler Mimik und Farbwirkungen konfrontiert, die er noch nie oder zumindest nur ansatzweise zu hören bekam.
Peter Cossé † [01.06.2000]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Konzert Nr. 1 d-Moll op. 15 für Klavier und Orchester | |
2 | Konzert Nr. 2 B-Dur op. 83 für Klavier und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Rudolf Buchbinder (Klavier)
- Royal Concertgebouw Orchestra (Orchester)
- Nikolaus Harnoncourt (Dirigent)