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Besprechung CD

Libertas

Beethoven • Schubert • Beach • Marx
Äneas Humm • Doriana Tchakarova

Rondeau ROP6275

1 CD • 69min • 2024

02.05.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Vor sechs Jahren hat der Schweizer Bariton Äneas Humm sein Gesangsstudium bei Edith Wiens in New York abgeschlossen. Seither ist er in der Oper und im Konzert international erfolgreich und legt jetzt mit „Libertas“ bereits sein drittes Solo-Album vor. Das vorangegangene „Embrace“ war mehrfach – unter anderem mit dem Opus Klassik – ausgezeichnet worden.

Freiheit durch Rückzug

Humm stellt seine Programme gerne unter ein Motto und vermeidet in der Auswahl der Lieder nach Möglichkeit gängige Titel. Das ist wohl sein eigener Beitrag zum Thema „Libertas“. Im vorliegenden Fall gehört eigentlich nur Franz Schuberts Gruppe aus dem Tartarus auf einen Text Friedrich Schillers zum Repertoire-Kanon. Der Freiheitsbegriff ist dabei sehr allgemein und sehr weit gefasst. Folgt man dem Einführungstext von Daniel Ernst im Booklet, ist allerdings explizit die innere Freiheit gemeint, die sich der Künstler schafft, indem er sich unter äußerem Druck politischer und persönlicher Art auf sein Innenleben zurückzieht und in der Poesie Trost sucht. Und da haben die oft – hier von Beethoven, Schubert, Beach und Marx – besungenen Gefühle von Liebessehnsucht und Liebesschmerz durchaus ihren Platz. Den beiden letztgenannten Komponisten, deren Wirken bis weit ins 20. Jahrhundert hineinreicht, kommt dabei besonderes diskographisches Interesse zu.

Deutsche Lieder aus Amerika

Die Amerikanerin Amy Beach (1867-1944), die in letzter Zeit auch hierzulande verstärkt ins Bewusstsein der Musikfreunde eingedrungen ist, war ein musikalisches Wunderkind und begann mit 16 Jahren eine Karriere als Pianistin, die sie schon zwei Jahre später nach ihrer Heirat mit einem bedeutend älteren Bostoner Arzt erheblich einschränken musste, was sie dazu bewog, sich aufs Komponieren zu verlegen. Über 300 Titel umfasst ihr Werkverzeichnis, darunter ein Klavierkonzert und eine Symphonie (The Gaelic). Da sie mehr oder weniger Autodidaktin war, bezog sie ihre Anregungen und handwerklichen Kenntnisse vor allem aus dem Fundus europäischer Musik. Ihre Lieder stehen in der Tradition der deutschen Romantik und gehen teilweise auf deutsche Texte zurück. Hier zeigt sie Gespür für die sprachlichen und poetischen Valeurs, etwa in Goethes Nähe des Geliebten. Interessant, wie sie die strophisch konzipierten Lieder zu variieren weiß, in der zweiten Strophe einen emotionalen Höhepunkt ansteuert, um dann in einem verhaltenen Ton zu enden. Die vier Lieder aus op. 35 und op. 51, 1897 gedruckt, vermitteln viel jungmädchenhaften Überschwang.

Erneuerer der Tradition

Der vielseitig gebildete Grazer Joseph Marx (1882-1964) war nicht nur als Komponist erfolgreich, sondern hat auch als Pianist, Wissenschaftler und Pädagoge von sich reden gemacht. Zwei Dissertationen über Klangpsychologie und das Wesen der Tonalität deuten auch die Schwerpunkte seines eigenen Schaffens an, das sich der Moderne seiner Zeit verschloss, aber die Möglichkeiten der herkömmlichen Formen ständig zu erweitern versuchte, weshalb er einigen Kritikern als erzkonservativ, anderen wieder als Erneuerer unter den Traditionalisten galt. In den etwa 150 Liedern, die zum überwiegenden Teil in den Jahren 1908-1912 entstanden und noch in der Spätromantik verwurzelt sind, zeigen sich auch Einflüsse des Impressionismus bei gleichzeitiger Beachtung polyphoner Strukturen. Es gibt manche Parallelen zu den Arbeiten Max Regers. Von den sieben Titeln des vorliegenden Albums, die auf Texten damals gängiger Autoren wie Richard Dehmel, Julius Rodenberg, Karl Stieler und Hans Bethge basieren, ist mir Vale carissima, der Abschiedsgesang eines Priesters an eine weltliche Liebe, besonders aufgefallen, da Marx nach der vorletzten Zeile des Gedichts ein langes quasi rückblickendes Klavier-Intermezzo einfügt, bevor er mit dem letzten Satz abschließt.

Gute Ansätze

Äneas Humm ist mit attraktiven stimmlichen Mitteln gesegnet, die ihren vollen Glanz in der höheren Mittellage entfalten, wo er beinahe tenorale Qualitäten entwickelt. Sein Vortragsstil sucht die Balance von jungenhaftem Temperament und erzählerischer Distanzierung. Am wohlsten fühlt er sich offenbar, wenn er voll aussingen kann. Die Rückzüge ins Piano wirken dann oft sehr demonstrativ. Seine preziöse Diktion trägt nicht durchweg zum besseren Textverständnis bei. In Doriana Tchakarova hat er eine markante, aber auch behutsame Begleiterin gefunden.

Ekkehard Pluta [02.05.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig van Beethoven
1Es war einmal ein König op. 75 Nr. 3 (Flohlied) 00:02:22
2Sehnsucht WoO 146 00:02:36
3Der Liebende WoO 139 00:03:03
4An die Hoffnung op. 32 00:05:11
Franz Schubert
5Der entsühnte Orest D 699 00:03:45
6An mein Herz D 860 00:03:24
7Sehnsucht op. 39 D 636 00:04:30
8Gruppe aus dem Tartarus op. 24 Nr. 1 D 583 00:03:44
9Im Walde D 834 00:06:14
Amy Beach
10Ich sagte nicht op. 51 Nr. 1 00:03:23
11Wir Drei op. 51 Nr. 2 00:04:39
12Nachts op. 35 Nr. 1 00:03:02
13Nähe des Geliebten op. 35 Nr. 3 00:04:54
Joseph Marx
14Waldseligkeit 00:01:51
15Gedenkst du noch der Nacht 00:02:09
16Vale carissima 00:04:51
17Warte noch ein kleines Weilchen 00:01:12
18Morgengruß 00:01:21
19Regen 00:03:32
20Ein junger Dichter denkt an seine Geliebte 00:03:07

Interpreten der Einspielung

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