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Besprechung CD

Märchenerzählungen

for Clarinet, Viola and Piano
Schumann Amberg Juon Françaix

Prospero Classical PROSP0084

1 CD • 64min • 2023

26.09.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Im Jahr 2020 gegründet, besteht das Trio Eiger (in der Besetzung Klarinette, Viola und Klavier) aus drei jungen Musikerinnen aus dem Orchester des Opernhauses Zürich (wobei die Pianistin Kateryna Tereshchenko mittlerweile an der Zürcher Hochschule der Künste arbeitet). Ihr Debütalbum rekurriert bereits in seinem Titel auf eines der bekanntesten Werke dieser Besetzung, und so bilden Schumanns Märchenerzählungen auch die zentrale Achse, den Referenzpunkt dieses Programms, flankiert von Werken von Paul Juon, Jean Françaix und – als Rarität – Johan Amberg.

Sehnsuchtsvolle Lyrik und Groteske

Das Album beginnt mit den Trio-Miniaturen op. 18a & 24a des in Russland aufgewachsenen Schweizers Paul Juon (1872–1940), dessen zunächst von spätromantischen Vorbildern ausgehendes, in seinen prägnant-eigenwilligen späten Orchesterwerken kulminierendes Schaffen in den letzten Jahren erfreulicherweise vermehrt Beachtung gefunden hat. Bei den Trio-Miniaturen handelt es sich um Bearbeitungen von Klavierstücken aus zwei Zyklen, die Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden. Sehr apart die sehnsuchtsvolle Lyrik der einleitenden Rêverie, die die Grundtonart E-Dur lange zu Gunsten von Moll-Regionen meidet; charakteristisch für Juon der leicht groteske Unterton, der Hang zum (unforciert) Bizarren in der an zweiter Stelle stehenden Humoreske. Die Interpretationen des Trio Eiger sind solide und haben ihre Stärken vor allem in den lyrischen Passagen; die quecksilbrigen Mittelteile des 2. und 4. Satzes könnten agiler, schillernder geraten. Irritierenderweise verbreitert das Trio sowohl die ersten drei als auch die letzten zwei Achtel der abschließenden Danse phantastique, sodass u.a. der eigentlich abrupt-widerborstige (und damit durchaus Juon’sche) Schluss gebändigt erscheint.

Schumanns Einfluss und mehr

Mit dem Dänen Johan Amberg (1846–1928) präsentiert das Trio einen Komponisten, dessen Schaffen diskographisch bislang kaum erschlossen ist (und in der Tat handelt es sich hier um eine Ersteinspielung). Amberg war lange Zeit Geiger in der Kongelige Kapel, ab 1905 dann ausschließlich Komponist; in welchem Rahmen er als Komponist eine Ausbildung genossen hat, scheint offen. In seinen Fantasiestücken op. 12 (1910) erweist er bereits im Titel des ersten Satzes Robert Schumann Referenz, und sicherlich scheint Schumanns Einfluss in dieser Musik immer wieder durch, ohne dabei unmittelbare Nachfolge zu sein. Der zweite Satz Der Tag bricht an etwa beginnt in chromatisch-vage und nimmt erst allmählich mehr Konturen an, wird bewegter, und die D-Dur-Tonalität, die am Ende bei Sonnenaufgang erreicht wird, ist zu Beginn (in C) noch nicht erkennbar. Überhaupt tendiert Amberg immer wieder zu eher verschatteten, vergrübelten Stimmungen im Sinne kleinerer Momente des Stockens, des Sich-Eintrübens (nota bene allerdings im Rahmen einer eher gelassenen Grundstimmung). Eine Musik nicht ohne Reize, der es allerdings nicht zuletzt im Melos etwas an Prägnanz fehlt.

Das Märchenhaft-Erzählerische im Fokus

Es ist auf alle Fälle begrüßenswert, dass das Trio Eiger Ambergs Fantasiestücke aus der Obskurität geholt hat. Ihre Interpretation betont dabei wiederum die Tendenzen, die der Titel der CD vorgibt, also das Märchenhaft-Erzählerische, das Versonnene. Andererseits schreibt Amberg etwa im ersten Satz (vielleicht ein wenig in Anlehnung an den Kopfsatz von Schumanns Klavierquintett?) immerhin ein Tempo von Halbe = 112 vor (leicht abgemildert dann im weiteren Verlauf), was ziemlich rasch ist und die Achtelfiguren, die diese Musik immer wieder durchziehen, relativ eilig erscheinen lassen dürfte. Das Trio Eiger wählt hier ein bedächtigeres Zeitmaß, allerdings auf Kosten der Vortragsanweisung marciale, die so eher ins Entspannt-Gemütliche übergeht und vielleicht ein Stück weit dazu beiträgt, dass der Musik bei aller Solidität gelegentlich etwas die Richtung, der Vorwärtsdrang abgeht.

Françaixs verspielte Nonchalance

Schumanns Märchenerzählungen op. 132 erfahren durch das Trio Eiger eine solide, lyrisch grundierte, Kontraste eher mäßigende Darbietung; schön empfunden insbesondere der dritte Satz. Interpretatorisch ist vielleicht das späte Trio (1990) von Jean Françaix der Höhepunkt der CD. Die verspielte Nonchalance dieser Musik, ihre legere, entspannte Vitalität liegt dem Trio Eiger, hervorzuheben aber auch die ausdrucksvolle, leicht verhangene Nostalgie der langsamen Sätze 1 und 4, die über das Françaix’sche plaisir hinaus für Momente des Nachsinnens und der Innigkeit sorgen. Ein Album für Freunde kultivierter, gemütvoller Kammermusik des 19. Jahrhunderts und der gemäßigten Moderne.

Holger Sambale [26.09.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Paul Juon
1Rêverie op. 18a Nr. 1 00:03:47
2Humoreske op. 18a Nr. 2 00:02:09
3Elegie op. 18a Nr. 3 00:02:38
4Danse phantastique op. 24a 00:01:49
Johan Amberg
5Dem Andenken Robert Schumanns gewidmet op. 12 Nr. 1 (Fantasiestück) 00:04:41
6Der Tag bricht an op. 12 Nr. 2 (Fantasiestück) 00:04:46
7Märchen op. 12 Nr. 3 (Fantasiestück) 00:04:37
8Zum Abschied op. 12 Nr. 4 (Fantasiestück) 00:04:14
Robert Schumann
9Märchenerzählungen op. 132 für Klarinette, Viola und Klavier 00:14:09
Jean Françaix
13Trio für Klarinette, Viola und Klavier 00:20:40

Interpreten der Einspielung

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