Edvard Grieg
Nordlicht
Margarita Höhenrieder Klavier
Solo Musica SM 398
1 CD • 65min • 2022
30.08.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Margarita Höhenrieder kombiniert auf ihrer neuesten Einspielung das für sie geschriebene Stück Stilla – eine Bereicherung des Repertoires für die linke Hand allein – des Isländischen Komponisten Hjalmar Hegi Ragnarsson mit Edwards Griegs beliebtesten Schlachtrössern: den beiden Peer Gynt- Suiten und dem Klavierkonzert op. 16. Beim Konzert wird sie von der Nordwestdeutschen Philharmonie unter Jonathon Heyward unterstützt, bei den Ibsen-Kompositionen wählte sie die vierhändige Bearbeitung des Komponisten, die sie gemeinsam mit dem finnischen Pianisten Antti Siirala interpretiert.
Grieg und seine Fassungen
Edvard Griegs Klavierkonzert entstand in der Urversion bereits 1869. Der Komponist feilte an dieser zu seinen bekanntesten Werken zählenden Komposition jedoch bis kurz vor seinem Tod, sodass die endgültige Version erst 1906 vorlag. Dabei blieb der Klavierpart bis auf die Verfeinerung von Artikulations- und anderen Vortragsbezeichnungen identisch, jedoch die Instrumentation mehrfach angepasst. Am deutlichsten geschah dies im Blech durch die Erweiterung von zwei auf vier Hörner.
Dass das Werk vom Klavierkonzert Robert Schumanns beeinflusst ist, kann jeder nachvollziehen, der mittendrin das Radio einschaltet und dann erst einmal rätselt „Schumann oder Grieg?“. In der Literatur wird zusätzlich das Klavierkonzert des Dänen August Winding als Vorbild angeführt., das ebenfalls die Opuszahl 16 trägt, 1869 uraufgeführt wurde und mit einer Klavierkaskade in a-Moll startet. Hier scheint jedoch die vierfache Koinzidenz die Phantasie der Musikhistoriker beflügelt zu haben, da Winding eher nach Gade- oder Mendelssohn-Nachfolge klingt und somit harmonisch wesentlich konservativer agiert.
Auch von den Peer Gynt-Suiten existieren diverse Original-Bearbeitungen für Klavier zwei- und vierhändig sowie die vom Komponisten autorisierte Fassung für Violine und Klavier, da die einzelnen Sätze schnell an Popularität gewannen und in den Zeiten vor Einführung von Tonträgern nur das eigene Spiel Musik ins Haus brachte. Interessanterweise ist Griegs vierhändige Einrichtung für den Spieler des Secondo wesentlich kniffliger als für den, den Diskant bedienenden, Primo.
Neues für die linke Hand
Stilla von Hjalmar Hegi Ragnarsson entstand für eine gemeinsame Performance Margarita Höhenrieders mit dem Maler Bernd Zimmer, bei der beide Künstler nur mit der linken Hand gestalten. Der Name bedeutet einerseits „Stille“ aber auch „Dinge wie in einem Stilleben anordnen“. Die freitonale Komposition ist von der isländischen Landschaft angeregt. Man hört Vogelstimmen über Moos und Moor. Gelegentlich blitzt ein Nordlicht auf. Sehr stimmungsvoll und meditativ!
Spätromantik ohne Schwulst
Die Grieg-Interpretationen aller Beteiligten zeichnen sich durch eine klassizistisch-kühle Klarheit aus. Da wird nichts aufgedonnert, auf „toll und sensationell gemacht“, was fast immer zu einer übertriebenen Sentimentalisierung führt, sondern klangschön und klug phrasiert. Alles hat eine innere Spannung, die selbst einen altgedienten Rezensenten zu intensivem Lauschen bei hundertfach Gehörtem zwingt. Vielleicht ist das größte Kompliment, dass man Frau Höhenrieder machen kann, dass die das, was sie an ihre Schüler an der Münchner Musikhochschule weitergeben will, hier in überzeugendster Weise vorlebt: „einen schönen Klavierton und ein kontrolliertes, entspanntes sowie ausdrucksvolles Spiel“. Denn nur aus dieser gespannten Entspanntheit kann Spannendes für den Hörer entstehen.
Klangtechnisch und hinsichtlich des Booklet-Texts gibt es keine Abstriche.
.Fazit: Wer Grieg einmal präzise, spannend, ohne sentimental aufgeplustertes Gedonner erleben will und sich einen Klangtrip nach Island gönnen möchte, greife zu. Klar empfohlen!
Thomas Baack [30.08.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Edvard Grieg | ||
1 | Klavierkonzert a-Moll op. 16 | 00:29:53 |
Hjálmar H. Ragnarsson | ||
4 | Stilla (für die linke Hand) | 00:08:43 |
Edvard Grieg | ||
5 | Peer-Gynt-Suite Nr. 1 op. 46 | 00:12:00 |
9 | Peer-Gynt-Suite Nr. 2 op. 55 | 00:14:30 |
Interpreten der Einspielung
- Margarita Höhenrieder (Klavier)
- Antti Siirala (Klavier)
- Nordwestdeutsche Philharmonie (Orchester)
- Jonathan Heyward (Dirigent)