Ralph Vaughan Williams
The Complete String Quartets
Verdi Quartett
cpo 555 345-2
1 CD • 79min • 2017
02.09.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Drei Streichquartette sind auf dieser CD Zeugnisse eines langen Komponistenlebens. In seiner Studienzeit am Londoner Royal College of Music und dem Trinity College in Cambridge schrieb Ralph Vaughan Williams (1872 – 1958) ein Streichquartett in c-Moll, das er einer Zählung nicht für würdig befand und das doch schon typische Züge seines Stils aufweist. Die Uraufführung fand erst 1904 statt. Nach einem für ihn bedeutsamem Besuch bei Maurice Ravel in Paris entstand 1908/9 das String Quartet Nr. 1 in g-Moll, das der Komponist 1921 einer Revision unterzog. Und in den Jahren 1942 bis 1944 komponierte Vaughan-Williams das Quartett Nr. 2 in a-Moll, das unverkennbar Spuren der düsteren Zeit des Zweiten Weltkriegs zeigt.
Überzeugende Aufnahme
Das deutsche Verdi Quartett, das 1985 von der Geigerin Susanne Rabenschlag und der Bratscherin Karin Wolf gegründet wurde, unternahm es 2017, gemeinsam mit dem Geiger Matthias Ellinger und dem Cellisten Zoltán Paulich, diese drei gewichtigen Werke aufzunehmen. Man merkt der Einspielung an, welche Sorgfalt und Leidenschaft die Vier in diese Produktion gesteckt haben. Jedenfalls ist es überzeugend gelungen, die unterschiedlichen Charaktere der Stücke einzufangen und die jeweils vier Sätze unter Spannung zu bringen.
Das frühe Quartett
Dies war gerade bei dem frühen c-Moll-Quartett nicht einfach, da der Komponist mit den kurzen Motiven sehr freizügig umgeht, indem er die Entwicklungen immer wieder hart unterbricht. Eine Vorliebe für modale Wendungen ist in manchen Phasen erkennbar, eine Eigenart, die Vaughan-Williams auch in seinem späteren Schaffen beibehält. Geradezu altväterlich wirkt der dritte Satz, ein Menuett, während der junge Komponist im Finale beweist, dass er auch die Fugentechnik während seines Studiums gründlich erlernt hat. Der Interpretation durch das Verdi Quartett merkt man an, dass der jugendliche Elan dieser Musik hier in guten Händen liegt.
Der französische Einfluss
Im g-Moll-Quartett sind impressionistische Einflüsse erkennbar – kein Wunder nach dem Paris-Aufenthalt des Komponisten. Überhaupt liegt das Augenmerk jetzt stärker auf der Klangentfaltung, verbunden mit sorgsamer motivischer Arbeit. Im Gegensatz zum Jugendwerk sind die Zusammenhänge deutlicher erkennbar, so dass längere Steigerungen entstehen. Das Finale ist hier ein „Rondo Capriccioso“, das trockenen Humor mit solider Satztechnik verbindet: auch hier gibt es einen fugierten Abschnitt.
Das Quartett von 1944
Das a-Moll-Quartett schließlich gibt vor allem der Bratsche eine Bühne: die mit dem Komponisten befreundete Bratscherin des Menges Quartets, Jean Stewart, hat das Stück angeregt, und so steht ihr Instrument diesmal im Mittelpunkt. Nicht zu überhören ist der herbe, melancholische Klang, der das im Oktober des Kriegsjahres 1944 uraufgeführte Stück insgesamt prägt. Abgesehen vom zweiten Satz, einer „Romance“, ist das Werk sehr knapp gehalten, und das Verdi Quartett tut gut daran, diese Lakonik zu betonen.
Das Booklet, deutsch und englisch, geht detailliert auf die kompositorische Entwicklung von Ralph Vaughan-Williams ein und gibt hilfreiche Hinweise zu den einzelnen Werken und Sätzen.
Prof. Klaus Trapp [02.09.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ralph Vaughan Williams | ||
1 | Streichquartett c-Moll | 00:28:30 |
5 | Streichquartett Nr. 1 g-Moll | 00:29:58 |
9 | Streichquartett Nr. 2 a-Moll | 00:20:05 |
Interpreten der Einspielung
- Verdi Quartett (Streichquartett)