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Besprechung CD

Bruckner

Symphonie in D-Moll »Nullte«, WAB 100
Mozarteumorchester Salzburg, Ivor Bolton

Berlin Classics 0303050BC

1 CD • 37min • 2018

29.08.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Vom Mozarteum Orchester Salzburg würde man spontan nicht unbedingt Musik von Anton Bruckner erwarten – doch siehe da: 2017 ist beim Label Oehms eine Gesamtaufnahme der Bruckner-Symphonien unter Ivor Bolton erschienen. Beim gemeinsamen Label MO/Berlin Classics folgt nun – gewissermaßen als Ergänzung – die d-Moll-Symphonie, genannt „Die Nullte“, besser benannt als „Die Annullierte“, die, wie Doris Sennefelder formuliert (in: „Die Symphonien Bruckners“, Hg. Renate Ulm), als „künstlerischer Brückenschlag“ zur 2. und vor allem zur 3. Symphonie Bruckners fungiert.

Suche nach der absoluten Form

Die Aufnahme entstand wohl bei einem Konzert im Großen Festspielhaus Salzburg, jedenfalls hört man ganz leise Publikumsgeräusche – und einige Tonunreinheiten bei den Geigen. Das Hörbild ist außergewöhnlich klar, trennscharf und sehr analytisch, so dass man am Klang alleine gleichsam Partitur lesen könnte. Dazu kommt, dass Ivor Bolton auch keine wabernde Mystik, keinen Weihrauch und keine wie immer behauptete Transzendenz sucht, sondern analytische Klarheit, die Reinheit der symphonischen Entwicklung sowie die deutliche Trennung und Herausstellung der einzelnen, hier noch recht unverbundenen Themen, Herausstellung auch der Funktion der Generalpausen, die zur insgesamt spannungsgeladenen Ruhe passen. Boltons Interpretation verhehlt nicht, dass Bruckner hier (noch) nach der absoluten Form sucht, er betont wohl Bruckners „Bauhüttengesinnung“ dieser Symphonie, die „voll Unentfaltetem, Keimhaftem ist, voller Versprechungen“ (so Hans-Klaus Jungheinrich in „Der Musikroman. Ein anderer Blick auf die Symphonie“). Aber alles Bruckner-Hafte ist schon da: die Zizibe-Rufen über Bläserchorälen, die großen heranrollenden Tonwalzen, die manchmal wie ein Harmonium klingenden Holzbläser, die schneidenden Fortissimi. Bei aller Ruhe der Entfaltung wünschte ich mir manchmal doch mehr Dringlichkeit, mehr fortschreitende Spannung, mehr Existenzkampf und tragische Wucht.

Fortschreitender symphonischer Fluss

Auch im zweiten Satz betont Bolton den symphonischen Fluss – und jetzt werden die Tempi auch flüssiger. Vorzüglich weich und wohltönend klingen die Blechbläser, man hört in der pulsierenden Synkopik der Streicher die frühen Wagner-Anklänge und freut sich über die schöne Verklärung der Schlusspassage. Vibrierend-rasant ist der Beginn des Scherzos und schön fließend, fast mit einem „Hauch von Italianità“ (so Doris Sennefelder), kommt das zweite Thema im Finale. Mit der oben angesprochenen „Bauhüttengesinnung“ Bruckners baut sich hier ein vielräumiges Gebäude mit überraschenden Ecken und vielen feinen Verzierungen auf, das Ivor Bolton mit dem Mozarteum Orchester gleichsam vor unseren Ohren errichtet.

Rainer W. Janka [29.08.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Anton Bruckner
1Sinfonie d-Moll WAB 100 (Die Nullte) 00:36:32

Interpreten der Einspielung

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