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Besprechung CD

Ignacy Jan Paderewski

Manru

cpo 555 553-2

2 CD • 2h 19min • 2022

18.12.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Ignacy Jan Paderewski (1860-1941) ist als herausragender Klavier-Virtuose seiner Zeit in die Musikgeschichte eingegangen, einige Aufnahmen haben sein Können und seine Eigenart für die Nachwelt festgehalten. Für die Polen aber war er viel mehr als ein Pianist, sondern ein nationaler Heros, einige Jahre sogar Ministerpräsident seines Heimatlandes. Und komponiert hat er auch nicht nur zum Zeitvertreib. Seine einzige Oper Manru auf ein deutsches Libretto von Alfred Nossek kam 1901 an der Dresdner Semperoper unter Ernst von Schuchs Leitung heraus. Ein Jahr später folgte eine Produktion an der Metropolitan Opera, die einzige einer polnischen Oper in der Geschichte des Hauses. Der Kritiker der New York Times stellte die Frage, ob die geradezu enthusiastische Aufnahme beim Publikum dem berühmten Pianisten oder tatsächlich der Qualität des Werkes galt, an der er dann doch einiges zu loben fand.

Tragische Liebesgeschichte

Schauplatz der Handlung ist die Hohe Tatra. Das Bauernmädchen Ulana liebt den Zigeuner Manru, mit dem sie ein Kind hat, und wird deshalb von ihrer Mutter verstoßen. Das gemeinsame Glück währt nicht lange, denn Manru sehnt sich nach seinem Stamm und nach seiner ersten Liebe Asa zurück. Auch ein von Ulanas Verehrer Urok gemischter Liebestrank tut nur vorübergehende Wirkung. Nachhaltiger sind die „Klänge der Heimat“, die ein alter Zigeunergeiger produziert, um den Abtrünnigen zurück zu locken. Die Geschichte endet böse: Ulana geht ins Wasser und Manru wird von Urok in eine Schlucht gestürzt.

Viele musikalische Einflüsse

Es mag nicht mehr als ein Zufall sein, dass wenige Jahre vor Manru Paderewskis bedeutender Klavier-Rivale Sergej Rachmaninow mit Aleko (1893) ebenfalls eine Oper geschrieben hatte, die im Zigeunermilieu spielte. Dass solche Themen damals aktuell waren, lässt sich daraus nicht zwingend schließen. Das musikalische Potential der Zigeunermusik liegt dagegen auf der Hand und Paderewski nutzt es in den letzten beiden Akten mit sehnsuchtsvoll schmachtenden Geigen- und Cymbalklängen weidlich aus. Über dieses Lokalkolorit hinaus, das im ersten Akt noch durch polnische Volksmusik ergänzt wird, ist Manru eine etwas kuriose, aber durchaus nicht zeituntypische Mischung aus Cavalleria rusticana und Tristan und Isolde, wobei die Anleihen bei Wagner, insbesondere der Einsatz von Leitmotiven, rudimentär bleiben, während sich die veristische Grundhaltung letztendlich durchsetzt.

Überzeugende Wiedergabe

In Polen wird Manru immer wieder mal erfolgreich gespielt. Der Mitschnitt einer Aufführung in Bygdozcz (Bromberg) aus dem Jahre 2006 ist beim Label DUX als CD veröffentlicht worden. Die in der Reihe Opera Vision ausgestrahlte Produktion aus Posen (2018) kann noch immer im Netz abgerufen werden. Die Besonderheit der jetzt bei cpo vorliegenden akustischen Aufzeichnung der letztjährigen Inszenierung in Halle liegt in der naheliegenden Verwendung der – trotz des polnischen Sujets - deutschen Originalsprache. Allerdings ist vom Text – mit Ausnahme des Titelhelden – nicht allzu viel zu verstehen, so dass man für den kompletten Abdruck des Librettos im Booklet dankbar ist (ein deutsch-englischer Klavierauszug findet sich übrigens auf der Internetseite von IMSLP). Musikalisch ist diese Aufnahme trotz einiger größerer Striche mehr als nur befriedigend geraten. Das zentrale Paar ist mit reifen, aber stimmlich und gestalterisch erstklassigen Sängern besetzt. Der Tenor Thomas Mohr besticht mit vorbildlich deutlicher und imaginativer Diktion und wartet als Manru mit strahlenden Jung-Siegfried-Tönen auf, und Romelia Lichtenstein, langjährige Haus-Primadonna der Oper Halle, hat sich die jugendliche Leuchtkraft ihres Zwischenfachsoprans bewahrt und trifft die emotionale Befindlichkeit der Ulana genau.

Durchweg solide erweist sich das übrige Ensemble, angeführt von dem Bariton Levent Bakirci als Urok und der Sopranistin Franziska Krötenheerdt als Asa, zum Dahinschmelzen schön sind die Violin-Soli von Theodor Toschev. Dirigent Michael Wendeberg entwickelt mit der Staatskapelle Halle erhebliche dramatische Hitzegrade, allerdings ist das Orchesterspiel sehr dem alfresco-Klang verpflichtet, auch bei den Chören hätte ein mehr an Differenzierung und Genauigkeit nicht geschadet.

Ekkehard Pluta [18.12.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ignaz Jan Paderewski
1Manru (Lyrisches Drama in drei Akten) 02:19:00

Interpreten der Einspielung

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