Grønland's Goethe
Songs & Ballads
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1 CD • 50min • 2022
10.12.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Hat Grønland (dänische Schreibweise) einen Dichter hervorgebracht, der sich mit Goethe vergleichen lässt und von dem wir bisher nichts wussten? Diese Frage stellt man sich unmittelbar, wenn man auf das Cover dieser CD blickt. Sie wird aber gleich beantwortet, sobald man das Booklet aufschlägt. Es handelt sich hier um Vertonungen von Goethes Gedichten und Balladen durch seinen Zeitgenossen Peter Grønland (1761-1825), der zwar in Deutschland geboren, schon in jungen Jahren nach Kopenhagen zog und dort in den verschiedensten Berufen tätig war. Das Komponieren war dabei offensichtlich mehr als nur eine Liebhaberei. Denn Grønland hat neben den Goethe-Liedern auch Arrangements von dänischen und schwedischen Volksliedern herausgegeben, geistige und weltliche Chormusik geschaffen und sogar eine Oper nach einem Märchen von Ludwig Tieck geschrieben. Das alles ist heute in Vergessenheit geraten und es bedurfte wohl eines erfahrenen Schatzgräbers wie des Tenors Reinaldo Dopp, die „Lieder, Balladen und Romanzen von Göthe mit Begleitung des Pianoforte“ in einer 1817 in Leipzig erschienenen Ausgabe ausfindig und nun in einer CD-Produktion allgemein zugänglich zu machen, die sich mit Recht „Weltersteinspielung“ nennen kann.
Im Dienste der Dichtung
Vertonungen von Goethe-Gedichten sind Legion – das meiste davon ist in den Archiven verschwunden. Der Meister selbst ließ nur die Lieder von Johann Friedrich Reichardt und Carl Friedrich Zelter gelten, wogegen er Franz Schuberts Adaptionen die kalte Schulter zeigte. Er sah die Musik als Dienerin der Dichtung an, sie solle die Texte lebendig machen und sie intensivieren, aber keinesfalls ersetzen. Grønlands Bemühungen, die er wohl nicht kannte, dürften ganz in seinem Sinne gewesen sein. Denn der setzte da ein, wo Reichardt aufgehört hatte, erkannte aber wohl den immanent dramatischen Charakter der strophischen Gedichte und stellte fest: „jede Strophe ist ein Act“. Er bleibt musikalisch immer eng an den Texten, ohne allerdings besonderes Gespür zu zeigen für deren (auch erotische) Doppelbödigkeiten (z.B. Heidenröslein, Erlkönig). Und indem er sich penibel an der Form des Strophenlieds abarbeitet, verfehlt er mitunter auch die Klimax der Balladen (neben der letztgenannten etwa Der Zauberlehrling). Desto bemerkenswerter ist seine Lösung des Gedichtschlusses von Der Fischer: bei den Worten „halb zog sie ihn, halb sank er hin“ bewegt sich die Melodie nicht abwärts, wie man erwarten könnte, sondern steigt nach oben (zu einem besseren Leben).
Adäquate Interpretation
Reinaldo Dopp hat aus Grønlands Goethe-Liedern eine wohlüberlegte Auswahl getroffen, um die durch die Strophenform vorgegebene Ermüdung beim Hören zu vermeiden, und eine zusätzliche dramaturgische Strukturierung durch vier instrumentale Intermezzi von Johann Sebastian Bach geschaffen, dessen Werke der Komponist sehr verehrte. Sängerisch geht Dopp wohl den richtigen Weg, indem er den Erzählgestus eines fahrenden Spielmanns aufnimmt, der nicht selbst emotional involviert ist, sondern sein Publikum unterhalten will. Die leichte, helle Tenorstimme, die in der Höhe gleichsam sehr durchschlagskräftig ist, erscheint als das geeignete Instrument für diesen gestalterischen Ansatz. Albrecht Hartmann ist ihm ein idealer Partner, der auf dem Hammerklavier lebendige Akzente setzt und die harmonischen und koloristischen Qualitäten der Begleitung ins rechte Licht rückt.
Ekkehard Pluta [10.12.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Peter Grønland | ||
1 | Der König in Thule | 00:02:27 |
2 | Mit einem gemalten Band | 00:01:47 |
3 | Heidenröslein | 00:01:29 |
4 | An Belinde | 00:02:51 |
5 | Das Veilchen | 00:01:50 |
6 | Der Musensohn | 00:02:32 |
Johann Sebastian Bach | ||
7 | Sinfonia Nr. 11 g-Moll BWV 797 | 00:01:45 |
Peter Grønland | ||
8 | Der Zauberlehrling | 00:06:14 |
Johann Sebastian Bach | ||
9 | Präludium a-Moll BWV 942 | 00:00:48 |
Peter Grønland | ||
10 | Erlkönig | 00:03:48 |
11 | Nachgefühl | 00:02:17 |
Johann Sebastian Bach | ||
12 | Invention Nr. 15 h-Moll BWV 786 | 00:01:03 |
Peter Grønland | ||
13 | Der Schatzgräber | 00:04:01 |
14 | Neue Liebe, neues Leben | 00:02:30 |
15 | Nachtgesang | 00:02:22 |
16 | Der Sänger | 00:03:50 |
Johann Sebastian Bach | ||
17 | Präludium d-Moll BWV 940 | 00:00:41 |
Peter Grønland | ||
18 | Der Fischer | 00:03:23 |
19 | Schäfers Klagelied | 00:01:39 |
20 | Jägers Abendlied | 00:02:18 |
Interpreten der Einspielung
- Reinaldo Dopp (Tenor)
- Albrecht Hartmann (Fortepiano)