Legata
Na'ma Goldman • Giulio Zappa
Solo Musica SM 421
1 CD • 64min • 2022
18.05.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In einem kurzen Einleitungstext zu ihrem Album bekennt die aus Israel stammende Mezzosopranistin Na’am Goldman, die gerade dabei ist, „in Berlin Wurzeln zu schlagen“, die ausgewählte Musik fange „diesen einen Moment des Innehaltens auf einer Reise ein“. Jüdische Komponisten aus Deutschland, die international längst zum klassischen Kanon zählen wie Gustav Mahler, Erich Wolfgang Korngold und Kurt Weill werden mit Kollegen aus Israel verbunden, die hier weniger bekannt sind und deren Lieder auf jiddisch oder hebräisch geschrieben sind. Das Programm, beginnend mit dem von Maurice Ravel adaptierten Gebet Kaddisch, ist abwechslungsreich und anspruchsvoll, wobei die aufstrebende Sängerin bei den viel gesungenen (und aufgenommenen) europäischen Titeln einer stattlichen Phalanx großer Vorgänger(innen) gegenüber steht.
Mehr Power als Poesie
Goldman, vom italienischen Pianisten Giulio Zappa energisch unterstützt, stellt sich der Konkurrenz mit dem Selbstbewusstsein der erfolgreichen Opernsängerin, die sich die intimeren Zwischentöne der Lied-Interpretin noch erarbeiten muss. Mit ihrer attraktiven Stimme, die in allen Lagen gut anspricht und mit ihrem Vortragstemperament kann sie dabei einige Punkte machen, wenngleich im Augenblick mehr Power als Poesie zu spüren ist. Die herausfordernde Carmen-Attitüde liegt ihr offenbar mehr als die lyrische Beschaulichkeit, die in einigen romantischen Gesängen (Mahlers Rheinlegendchen und den frühen Korngold-Liedern) gefragt ist. Das Rückert-Lied Ich bin der Welt abhanden gekommen setzt wohl auch eine künstlerische Reife voraus, über die Na’ama Goldman noch nicht verfügt. Für Bert Brechts Nannas Lied in der Vertonung von Kurt Weill hat Teresa Stratas hinsichtlich der nötigen Nuancen den Maßstab gesetzt.
In der Tradition jüdischer Volksmusik
Der zweite Teil des Albums, israelischen Komponisten gewidmet, scheint mir der interessantere und persönlichere zu sein. Da man die Namen bei uns kaum kennt, wären ein paar Informationen zu ihnen sehr wünschenswert gewesen. Ich habe auf eigene Faust recherchiert und fasse hier knapp zusammen:
Der russische, erst wenige Jahre vor seinem Tod nach Palästina ausgewanderte Komponist Joel Engel (1868-1927), Schüler von Michail Ippolitow-Iwanow und Sergej Tanejew, war viele Jahre Musikkritiker und gab die russische Ausgabe des Riemann Musiklexikons heraus. Er sammelte systematisch jüdische Volksmusik, einige Lieder sind hier in seinen Arrangements zu hören. Ebenfalls aus Russland stammte Sasha Argov (1914-1995), ein musikalischer Autodidakt, der schon als Kind zu komponieren begann. Er war 20, als er mit seinen Eltern nach Palästina kam, und machte sich später vor allem mit Filmmusiken einen Namen. Auch seine Lieder, wenngleich auf literarischen Vorlagen basierend, haben einen folkloristischen Charakter, vor allem das tänzerisch-frohsinnige Hakol zahav (Alles ist Gold). Eyal Bat (Jg. 1966) gilt auf dem Gebiet der Vokalmusik als einer der herausragenden Komponisten Israels, wobei seine Reputation besonders auf dem Chorgesang beruht. Das letzte - unbegleitete – Lied des Albums hat der Dirigent und Musikprofessor David Sonnenschein (Jg. 1928 in Hamburg) der Großmutter der Sängerin gewidmet: Elei tashuv (Komm zu mir zurück), ein verhaltenes Liebeslied.
Ekkehard Pluta [18.05.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Maurice Ravel | ||
1 | Kaddish (aus: Deux mélodies hébraiques) | 00:05:18 |
2 | L' énigme éternelle (aus: Deux mélodies hébraïques) | 00:01:32 |
Erich Wolfgang Korngold | ||
3 | Schneeglöckchen op. 9 Nr. 1 (Einfache Lieder) | 00:03:34 |
4 | Sommer op. 9 Nr. 4 (Einfache Lieder) | 00:03:10 |
Gustav Mahler | ||
5 | Wo die schönen Trompeten blasen (aus: ) | 00:06:32 |
6 | Rheinlegendchen (aus: Des Knaben Wunderhorn) | 00:03:16 |
7 | Ich bin der Welt abhanden gekommen (F. Rückert) | 00:06:16 |
Kurt Weill | ||
8 | Prolog: Nannas Lied | 00:04:06 |
Joel Engel | ||
9 | Nor noch dir | 00:05:13 |
10 | A mol iz geven a Maise | 00:04:02 |
11 | Minhag chadash | 00:01:59 |
Eyal Bat | ||
12 | Ha'hakara sheli nemoga | 00:03:12 |
13 | Ke'tzitz ha'amakim | 00:02:50 |
Sasha Argov | ||
14 | Az haya la | 00:03:24 |
15 | Hakol zahav | 00:03:06 |
16 | Lo yada'ati ma | 00:04:28 |
David Sonnenschein | ||
17 | Elei tashuv | 00:02:16 |
Interpreten der Einspielung
- Na'ama Goldman (Mezzosopran)
- Giulio Zappa (Klavier)