Paul Lincke
Overtures Vol. 1
cpo 555 428-2
1 CD • 66min • 2020
28.11.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Operettenpapst Volker Klotz meinte es mit Paul Lincke nicht gut und war sehr erfinderisch in seinen diesbezüglichen Invektiven: „spießige Kneipenromanzen“ warf er ihm vor sowie „anschmeißerische Bierseligkeit“, „Mollen-Privinzialismus“, lokale Schrippendrastik“, insgesamt nannte er dessen Musik „unergiebig“. Dabei war Paul Lincke (1866-1946) ein durchaus erfolgreicher Operettenkomponist, Erfinder der „Berliner Operette“, und damit – zumindest, was den Erfolg anbelangt – gleichwertig mit Johann Strauss – bis Franz Léhar, Leo Fall und Oscar Straus ihm den Rang abgelaufen hatten und jüngere Komponisten wie Jean Gilbert und Walter Kollo den Ton angaben. Und immerhin ist Linckes unsterblicher Gassenhauer Berliner Luft der ultimative, schier nie enden wollende und begeistert mitgeklatschte Schluss der Sommer-Konzerte in der Berliner Waldbühne und damit die heimliche Berliner Hymne. Doch Lincke kann mehr als Berliner Luft.
„Überbordender Reichtum der Melodieerfindung“
Der Dirigent Ernst Theis, der schon Kapellmeister an der Wiener Volksoper und Chefdirigent der Staatsoperette Dresden war, schätzt an Lincke, dass „sein überbordender Reichtum der Melodieerfindung nie trivial oder anbiedernd wird“ und sorgt mit vollem vorantreibendem Schwung, nimmermüdem rhythmischem Elan und veritablem Schmiss dafür, dass diese Meinung musikalisch hörbar wird. Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt folgt ihm emsig-begeistert im Spielen dieser Gute-Laune-Musik. In der Grigri-Ouvertüre wird die Musik zwischendrin ganz zärtlich und walzerschmiegsam, bis sie wieder beineschmeißend rhythmisch umhertollt. Die Geigen aber scheinen dieser Süße nicht ganz zu trauen, dafür schluchzt das Cello schön in der Einleitung zum Walzer Verschmähte Liebe, den Theis rhythmisch differenziert und sehnsüchtig-wiegend gestaltet.
„Meisterschaft der Instrumentation“
Der Orchesterklang ist etwas blockhaft, wenig aufgelichtet und nicht hochtransparent – aber gut genug, um die von Stefan Frey, dem Operetten-Spezialisten, im ausführlichen Booklet attestierte Meisterschaft der Instrumentation zu beglaubigen, die vor allem auch in den beiden Ouvertüren zu einer Operette und einem Ballett zu hören sind.
Rainer W. Janka [28.11.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Paul Lincke | ||
1 | Berliner Luft (Ouvertüre) | 00:06:39 |
2 | Lysistrata (Ouvertüre) | 00:08:48 |
3 | Casanova (Ouvertüre) | 00:09:46 |
4 | Venus auf Erden (Ouvertüre) | 00:07:36 |
5 | Grigri (Ouvertüre) | 00:07:21 |
6 | Verschmähte Liebe (Walzer) | 00:09:29 |
7 | Siamesische Wachtparade (Ouvertüre) | 00:03:10 |
8 | Ouvertüre zu einer Operette | 00:06:49 |
9 | Ouvertüre zu einem Ballett | 00:06:09 |
Interpreten der Einspielung
- Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt (Orchester)
- Ernst Theis (Dirigent)