Johannes Brahms
Serenade No. 1 • Serenade No. 2
Capriccio C5447
1 CD • 75min • 2020
18.08.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dass Brahms seine beiden Serenaden, die während seiner Zeit am Detmolder Fürstenhof entstanden sind, als Vorstudien auf dem beschwerlichen und von Skrupeln begleiteten Weg zur Sinfonie betrachtet hat, ist bekannt. Dass er deshalb mit der Orchesterbesetzungsgröße experimentiert hat, auch. Das Linos-Ensemble hat hier diese Serenaden auf Kleinst-Orchesterbesetzungen reduziert, „besinnt sich auf die auf die kammermusikalischen Wurzeln der Serenaden“, wie es im Booklet heißt, und kann sich dabei durchaus auf Brahms selbst berufen: Dessen Kleinbesetzung der Serenade Nr. 1 ist verschollen, wurde aber von Jorge Rotter rekonstruiert, die Kleinbesetzung der Serenade Nr. 2 ist erhalten.
Dem komponierenden Brahms über die Schulter geschaut
Die kammermusikalische Auflichtung bekommt dieser Musik sehr gut – auch wenn man die Orchesterversion beim Hören ständig im Kopf hat. Man konzentriert sich dann auf das reine melodische Material, schaut gewissermaßen dem komponierenden Brahms über die Schulter, während er sein Material kunstvoll verarbeitet. Man staunt über die variable Rhythmik, man hört genau, wie das triolische Prinzip oft die Gradtaktigkeit überwuchert und ins sanftwonnige Schwingen bringt, und bewundert die Vielfalt des Dreiertaktes, der oft durch synkopische Einschübe verschleiert wird wie im metrisch intrikaten Scherzo der Serenade Nr. 2, wo „in den schnellen Dreiertakt ein im Zweitakt periodisiertes Motiv gesperrt“ ist, wie es der Musikwissenschaftler Wolf Kunold formuliert. Und man hört heraus, dass Ennio Morricone sich in seiner Musik zu dem Western „Spiel mir das Lied vom Tod“ wohl von einem kleinen Motiv im Adagio der Serenade Nr. 2 hat inspirieren lassen.
Sauber und musikantisch gespielt
Dass man dies alles hört, verdankt man der Spielkunst des Linos-Ensemble: Alles ist äußerst sauber und dazu überaus musikantisch gespielt, jedes Instrument entfaltet meisterhaft seinen je eigenen Klangzauber, alle hören perfekt aufeinander, die Rhythmen sind genau ausbalanciert wie im Menuett der Serenade Nr. 2 mit seinem „leis-durchbrochenen Satz“ (so wieder Wolf Kunold), die Tempi schaffen eine geradezu Serenaden-Behaglichkeit, die kammermusikalische Auflichtung hat doch fast symphonische Dichte.
Aufgenommen wurden die beiden Werke im Sendesaal des Saarländischen Rundfunks. Der Klang ist trennscharf genau und sehr klar – ein bisschen symphonisches „Aufpimpen“ mittels Hall wäre vielleicht wünschenswert. Aber auch so macht das Hören großes kammermusikalisches Vergnügen.
Rainer W. Janka [18.08.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11 | 00:44:49 |
7 | Serenade Nr. 2 A-Dur op. 16 | 00:30:25 |
Interpreten der Einspielung
- Linos Ensemble (Ensemble)