Adrienne Soós & Ivo Haag
Johannes Brahms - Symphony No. 4
Telos Music TLS 252
1 CD • 66min • 2020
06.08.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Das Projekt des Klavierduos Adrienne Soós & Ivo Haag mit den Brahms-Symphonien in der Fassung für zwei Klaviere ist mit dieser CD vollendet. Mit gesammeltem Ernst, konzentrierter Würde, vor allem mit liebevoller Hingabe präsentiert das Klavierduo hier die von Brahms selbst erstellte Fassung seiner vierten Symphonie. Auch wenn der orchestrale Vollklang hier natürlich skelettierter ist und viele Nebenstimmen verloren gehen, auch wenn die orchestrale Wucht fehlt, so ist der Klang doch auch durchsichtiger und dabei vollmundig-weich, ist der „Beziehungszauber“ ebenso konzentriert wie erhellt. Nach dem fast soften Beginn mit den fallenden Terzen und den aufsteigenden Sexten fällt das Duo bald in den auf- und abschwingenden Rhythmus und geht dann in den Schreit-Rhythmus des Andante über. Die komplexe Harmonie dieses Satzes, in der sich zeitgenössische und archaische Harmonik treffen, wirkt höchst transparent. Während das Duo es im Presto giocoso donnern, krachen und wüten lassen, behält die Passacaglia des Finalsatzes ihre würdevolle Wucht.
Kalkulierter Klavierklangrausch
Die Schwierigkeit, neben diese Symphonie andere Werke zu platzieren, thematisiert Ivo Haag im Booklet durchaus: Trotzdem ist man überrascht, neben bzw. nach Brahms ein Stück von Debussy, eben En blanc et noir, zu hören. Hier herrscht nämlich ein ganz anderes Temperament, hier ist’s agiler, entflammter und wütiger: „Mit „Avec emportement“ ist der erste Satz überschrieben, also „voller Wut“ – die durchaus zu hören ist im Spiel von Adrienne Soós und Ivo Haag. Ebenso ist zu hören, wie im zweiten Satz der Luther-Choral Ein' feste Burg dekonstruiert und gleichsam musikalisch überflutet wird. Insgesamt ist es ein sorgfältig kalkulierter Klavierklangrausch, den das Klavier-Duo hier produziert.
Ernst und Klarheit
Ganz weich, zärtlich und wehmütig dagegen wird der Anschlag der beiden Pianisten bei der Bach-Transskription der Sonatina zur Actus-tragicus-Kantate. Und mit getragenem, fast brahmsischem Ernst und in sonniger Klarheit erklingt am Ende die Fassung für zwei Klaviere des Ricercare a 6 aus Bachs Musikalischem Opfer von Peter Benary, ein Spiel mit rhythmischer Sogwirkung – und eine Weltpremiere auf CD.
Rainer W. Janka [06.08.2021]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 | 00:37:39 |
Claude Debussy | ||
5 | En blanc et noir für 2 Klaviere | 00:14:45 |
Johann Sebastian Bach/György Kurtág | ||
8 | Gottes Zeit ist die allerbeste BWV 106 (Bearb. für Klavier vierhändig) | 00:02:10 |
9 | Christum wir sollen loben schon BWV 611 (Choralvorspiel) | 00:01:44 |
10 | O Lamm Gottes, unschuldig BWV 618 für 2 Klaviere (Choralvorspiel) | 00:02:53 |
11 | Ricercar a 6 BWV 1079 Nr. 5 (für zwei Klaviere von Peter Benary; aus: Das Musikalische Opfer) | 00:06:58 |
Interpreten der Einspielung
- Adrienne Soós (Klavier)
- Ivo Haag (Klavier)