Mozart
Violin Concertos Nos. 3 & 5, Symphony No. 29

Avie AV2459
1 CD • 75min • 2018, 2020
17.07.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Da meint man, man kennt „seinen“ Mozart – und dann kommt ein ungestümer ungarischer Dirigent mit einem springlebendig aufspielenden Orchester und einem feinnervigen Geiger und mischt alles auf. Man meint beim Hören direkt Gábor Takács-Nagy überall im Orchester herumspringen zu sehen, wie er in jedem einzelnen Orchestermitglied neues Feuer entfacht. Und so frisch-lebendig und befeuert spielen die Chaarts Chamber Artists auch. Schon den ersten Tutti-Akkord im G-Dur-Violinkonzert KV 216 stellt Takács-Nagy mit einem solchen Aplomb hin, dass man nur hört: „Schaut her, ich bin’s!“
Beispielhaft klangredend spielen die Orchestermusiker, die allesamt aus international bekannten Kammerformationen kommen, betonen etwa im Andante der A-Dur-Sinfonie KV 201 den dialogischen Charakter durch Heraushebung der Gegenstimmen, zeigen im Menuett deutlich, wie der punktierte Rhythmus strukturbildend ist, und machen im Finale freudig-vibrierend und federnd richtige Trampolin-Musik. Das süße Adagio des G-Dur-Konzertes verschwimmt nicht in Sentimentalität, sondern wirkt luzide und bleibt ein gewissermaßen vorantreibendes Adagio. Immer artikuliert das Orchester in den Phrasen natürlich, wie atmend – oder eben redend, und produziert so „Mozarts strahlendstes Wollen“ (Alfred Einstein).
Melancholische Verschattungen
Wenn sich Mozarts Musik, wie so oft, melancholisch verschattet, tun sich sekundenlang Abgründe auf, doch gleich darauf leuchtet wieder die „Oberstimme des Glücks“ (Alfred Einstein) hervor. In der „alla-turca“-Episode im Finale des A-Dur-Violinkonzertes KV 219 übertreiben die Streicher es nicht mit dem ruppigen „col-legno“-Spiel, fahren dafür fast drohend drein, als wenn ein Türkenüberfall vor der Türe stehe. Und überhaupt freut man sich immer auf die herrlich tönenden und wendigen Bläser, die zum Beispiel das G-Dur-Konzert innerlich schmunzelnd so beiläufig beschließen: „Ist’s schon aus?“
Schlanker, innig-süßer Geigen-Ton
Der Geiger Sebastian Bohren antwortet auf so viel anspringendes Temperament mit schlankem, feinem, innig süßem, bisweilen flehentlichem Ton und einer deutlich hörbaren Bewusstheit: Man hört, dass er jede Phrase, jede melodische Wendung, ja jede Verzierung durchdacht hat, alles ist trennscharf gespielt. Jede Phrase singt er aus, jede Rückkehr zum Hauptthema im Rondo kostet er aus, so dass diese Rückkehr wie eine Heimkehr wirkt. Im Spiel mit dem Orchester ereignen sich spritzig-geistvolle Dialoge, in denen der Geiger den etwas verinnerlichteren Widerpart darstellt.
Die Aufnahme fand in einer Kirche statt, in der Reformierten Kirche Oberstrass in Zürich: Die hat einen sehr langen Nachhall: Dem Rezensenten ist es zu viel Kirche und zu wenig Konzert-Atmosphäre.
Rainer W. Janka [17.07.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Konzert Nr. 3 G-Dur KV 216 für Violine und Orchester | 00:23:11 |
4 | Sinfonie Nr. 29 A-Dur KV 201 | 00:22:11 |
8 | Konzert Nr. 5 A-Dur KV 219 für Violine und Orchester | 00:29:17 |
Interpreten der Einspielung
- Sebastian Bohren (Violine)
- Chaarts Chamber Artists (Ensemble)
- Gábor Takács-Nagy (Dirigent)