Romantic Cello Concertos
Klengel • Schumann
Raphaela Gromes
Sony Classical 19075868462
1 CD • 61min • 2018, 2020
20.10.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Cellistin Raphaela Gromes setzt sich bei ihren Programmen immer auch für Neu- bzw. Wiederentdeckungen ein. Das betrifft auf der aktuellen Sony-CD das dritte Konzert des „europäischen Cellistenmachers“ Julius Klengel (1859-1933), langjähriger Solocellist des Gewandhausorchesters, der trotz internationaler Bekanntheit zeitlebens seiner Heimatstadt Leipzig die Treue hielt. Haben sich viele von Klengels Lehrwerken als wertvolle Literatur für Cellisten erhalten, so sind seine vier Cellokonzerte in Vergessenheit geraten; beim dritten handelt es sich gar um die CD-Ersteinspielung. Für Richard Strauss‘ frühe Romanze finden sich auch kaum Konkurrenzaufnahmen. Und selbst Schumanns Cellokonzert wurde lange verschmäht; erst im 20. Jahrhundert (Casals!) begann man das Spätwerk des Komponisten ernst zu nehmen und zu schätzen – das sprödere Violinkonzert führt bis heute ein Außenseiterdasein.
Klengel als echte Repertoirebereicherung
Klengels drittes Cellokonzert – 1892 uraufgeführt – ist sicher ein respektabler zeitgenössischer Gattungsbeitrag: Die kantablen Möglichkeiten des Instruments werden gekonnt ausgenutzt und vor allem im Finale, das mit seinem ungarisch angehauchten Thema den Hörer sofort bezwingt, wird klar, dass es sich um ein echtes Virtuosenkonzert handelt. Die Instrumentation verrät die Nähe zum befreundeten Brahms – insgesamt ist jedoch wenig Eigenständiges zu erkennen, sieht man einmal von der in allen Sätzen wie eine Klammer enthaltenen Trompetenfanfare ab. Gromes kann hier absolut überzeugen, vermeidet dabei jede Übertreibung: Beeindruckend, wie empfindsam und differenziert sie das elegische Seitenthema des Kopfsatzes trotz gewisser Zurückhaltung ausgestaltet. So entsteht ein schlüssiger, dramatischer Spannungsbogen, den Nicholas Carter mit dem immer durchsichtig agierenden RSB Berlin gleichfalls mit Übersicht umzusetzen versteht. Dieses Konzert hat schon Repertoirequalitäten, wenn auch manches konventionell erscheint.
Schumann delikat und gesanglich
Schumanns Konzert mag formal für Klengels Werk ein wenig Pate gestanden haben; der Aufbau war zur Entstehungszeit 1850 ganz typisch für den Komponisten, der drei Sätze sehr durchdacht zu einer Einheit verschmilzt. Mit enormer Klangschönheit geht Raphaela Gromes die ersten beiden an – wieder vermeidet sie jede Schärfe, die sich etwa Lynn Harrell oder Alban Gerhardt durchaus leisten. Einige Momente wirken so weniger schmerzvoll; in ihrem Verzicht auf zu äußerliche Affekte bleibt Gromes konsequent. Leider folgt auch sie trotz des kammermusikalischen Ansatzes nicht dem Tempovorschlag Clara Schumanns – der Kopfsatz wird eigentlich immer etwas zu langsam genommen. Die traumhafte Lyrik im zweiten Satz gerät dann zum echten Erlebnis, und im Finale, das ein wenig spritziger sein könnte, beweist die junge Cellistin ebenso ihre Weltklasse. Das Orchester spielt dagegen streckenweise unentschieden routiniert und taut selbst am Schluss nicht so ganz auf.
Noch eine Rarität: die Romanze von Richard Strauss
Vollkommen zu Gromes‘ Musizierhaltung passt nun allerdings Richard Strauss‘ frühe Romanze für Cello und Orchester: Die durchgehend perfekt gestaltete Gesangslinie dieser unaufgeregten Komposition ist schlicht betörend – schon mit der Aufnahme der Cellosonate hatte Gromes eine besondere Affinität zum Münchner Komponisten gezeigt. Die drei Zugaben des Albums erklingen wieder mit ihrem langjährigen Partner Julian Riem – davon gefällt insbesondere die Widmung aus Schumanns Myrthen. Eine aufnahmetechnisch ebenfalls runde Sache, die einmal mehr aufhorchen lässt.
Vergleichsaufnahmen (Schumann):
Lynn Harrell, Cleveland Orchestra, Neville Marriner (Decca 410 019-2, 1981);
Alban Gerhardt, RSB Berlin, Hannu Lintu (Hyperion CDA67583, 2006).
Martin Blaumeiser [20.10.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Julius Klengel | ||
1 | Konzert Nr. 3 a-Moll op. 31 für Violoncello und Orchester | 00:22:01 |
Richard Strauss | ||
5 | Romanze F-Dur AV 75 für Violoncello und Orchester | 00:08:25 |
Robert Schumann | ||
6 | Konzert a-Moll op. 129 für Violoncello und Orchester | 00:22:28 |
9 | Widmung op. 25 Nr. 1 | 00:02:06 |
Clara Schumann | ||
10 | Konzert a-Moll op. 7 für Klavier und Orchester, 2. Satz: Romanze für Violoncello und Klavier | 00:02:53 |
Johannes Brahms | ||
11 | Ungarischer Tanz Nr. 5 (Bearb. für Violoncello und Klavier: Alfredo Piatti) | 00:02:49 |
Interpreten der Einspielung
- Raphaela Gromes (Violoncello)
- Julian Riem (Klavier)
- Rundfunk Sinfonieorchester Berlin (Orchester)
- Nicholas Carter (Dirigent)