Vaughan Williams • Finzi
Symphony No. 5 • Clarinet Concerto
BIS 2367
1 CD/SACD stereo/surround • 69min • 2019
21.08.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Michael Collins ist Musikfreunden seit langer Zeit vor allem als hervorragender Klarinettist bekannt – als Solist, der sich nicht zuletzt für die Musik seiner britischen Heimat einsetzt. Das Klarinettenkonzert von Gerald Finzi hat er nun schon zum dritten Mal eingespielt – diesmal für das Label BIS. Einen zusätzlichen Dirigenten brauchte es für die Aufnahme nicht, denn Collins ist seit geraumer Zeit auch dirigentisch tätig; so leitete er von 2010 bis 2018 die City of London Sinfonia. Es existieren mehrere Einspielungen von Klarinettenkonzerten mit Collins in Doppelfunktion. Collins ist seinem Interpretationsansatz in diesem Werk treu geblieben und benötigt nur wenige Sekunden mehr Zeit als in seiner Erstaufnahme mit Richard Hickox am Pult (Virgin Classics). Die aktuelle Einspielung punktet jedoch – außer mit einem wunderbar transparenten und warm tönenden Klangbild – mit einer noch größeren gestalterischen Souveränität. Besser, engagierter und gleichzeitig inniger kann man dieses vorwiegend lyrische, für die zurückhaltende kompositorische Identität Finzis so typische Werk nicht spielen.
Unterschätztes Werk
Der eigentliche Clou der SACD ist jedoch die Sinfonie Nr. 5 von Ralph Vaughan Williams. Es handelt sich um Collins' Debüt als Dirigent sinfonischer Musik. So weit, so gut, aber hätte es nicht eine etwas originellere Kopplung sein können als diese mannigfach aufgenommene Partitur? So könnte man denken. Doch Collins gelingt es hier tatsächlich, stärker zum Kern dieses (in Großbritannien) ebenso beliebten wie (allgemein) unterschätzten Werks vorzudringen als viele seiner Dirigenten-Kollegen vor ihm. In seiner Interpretation wird deutlich wie selten zuvor, dass es sich bei RVWs Fünfter keineswegs um einen Rückfall in jene als typisch britisch geltende Pastoral-Sinfonik handelt, von der man dachte, der Komponist hätte sie in seiner Vierten überwunden. Die Ecken und Kanten der Fünften sind eben nur nicht so offensichtlich. Collins arbeitet genau diese Züge heraus – die permanente subkutane Spannung zwischen zwei Tonarten etwa, wie sie den vordergründig lyrischen Kopfsatz prägt, ebenso die latent unruhigen Untertöne im Mittelteil des Satzes. Und wann hat man jemals eine so vielschichtige, gelegentlich gar bissige Wiedergabe des zweiten Satzes gehört? Die Tempoangabe „Presto misterioso‟ ist hier perfekt umgesetztes Programm. Dabei sei erwähnt, dass Tempi und Agogik bei Collins stets organisch fließend wirken, niemals exzentrisch in der Abicht, etwas "völlig anders" zu gestalten.
Anstelle über die letzten beiden Sätze zu berichten, die ebenso perfekt gelungen sind, sei erwähnt, dass auch hier das fantastische Klangbild zum Erfolg der Aufnahme nicht unwesentlich beiträgt.
Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft noch mehr vom Dirigenten Michael Collins auf Tonträgern zu hören sein wird. Wie wäre es zum Beispiel mit einem kompletten Vaughan Williams-Zyklus? Die Partituren hätten eine neue Referenzeinspielung verdient.
Thomas Schulz [21.08.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ralph Vaughan Williams | ||
1 | Sinfonie Nr. 5 D-Dur | 00:39:25 |
Gerald Finzi | ||
5 | Konzert op. 31 für Klarinette und Streichorchester | 00:28:10 |
Interpreten der Einspielung
- Philharmonia Orchestra (Orchester)
- Michael Collins (Klarinette, Dirigent)