Charles Ives
In the Alley
MDG 613 2178-2
1 CD • 71min • 2019
07.08.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Allzu häufig begegnet man dem Liedschaffen von Charles Ives (1874-1954), dem „Klassiker“ der modernen amerikanischen Musik, in deutschen Konzertsälen nicht. Dabei hat er auch in diesem Genre ein stattliches Œuvre hinterlassen. Die hier vorgelegte Auswahl konzentriert sich auf einige wesentliche thematische Aspekte: Erinnerungen an die verlorene Kindheit und Ahnungen des bevorstehenden Todes, dazwischen selbstvergessene Hingabe an die Natur. Die Texte stammen großenteils von Ives selbst, aber auch von seiner Frau Harmony. Daneben kommen literarische Größen wie Goethe, Lord Byron und John Keats zu Wort. Songs My Mother Taught Me basiert auf einem Gedicht des tschechischen Lyrikers Adolf Heyduk, das schon von Dvořák vertont wurde, Feldeinsamkeit von Hermann Allmers gehört in der Version von Brahms fest ins Konzert-Repertoire.
Zarte Melancholie und musikalische Späße
Es liegt an den Themen, dass sich Charles Ives hier vor allem von seiner nostalgischen Seite zeigt (Old Home Day, In The Alley), dabei viel Volksliedhaftes (teilweise irischer Provenienz) einfließen lässt. Die zarte Melancholie, die das Recital prägt, wird in einigen Stücken wie Memories – very pleasant, The Side Show oder The Circus Band durch musikalische Späße, Zitate, gewollte Trivialitäten aufgelockert. In der Miniatur Remembrance, die in drei Varianten vorliegt und vom Klang eines fernen Horns handelt (das Lied seines Vaters), sah Ives nicht mehr als eine Etüde.
Reiche Ausdruckspalette
Die lyrische Sopranistin Julia Sophie Wagner, die ihre Stimme als perfektes Instrument einsetzen, organische crescendi und diminuendi bilden kann und über ein verhaltenes mezza voce ebenso verfügt wie über ein strahlendes forte, trifft das amerikanische Idiom bewundernswert und vermittelt den Stimmungsgehalt der auch stilistisch unterschiedlichen Lieder genau. Die Ausdruckspalette von lyrischer Innigkeit über kontemplative Ruhe bis zum vokalen Grimassieren ist reich. Der Pianist Steffen Schleiermacher, dem auch ein sehr informativer Text im Booklet zu danken ist, begleitet sie animierend und spannungsreich und gestaltet die kammermusikalischen Zwischenspiele (Largo, Three Improvisations, Song Without Good Words), die ursprünglich keinen Bezug zu den Liedern haben, sehr imaginativ und dramaturgisch funktional. Die vier Solisten des von ihm gegründeten Ensemble Avantgarde setzen starke Akzente und schmiegen sich zugleich dem Gesamtklang an.
Ekkehard Pluta [07.08.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Charles Ives | ||
1 | The Housatonic at Stockbridge | 00:04:13 |
2 | Largo für Klarinette, Violine und Klavier | 00:05:52 |
3 | The Cage | 00:00:53 |
4 | The Side Show | 00:00:45 |
5 | Old Home Day | 00:04:55 |
6 | Remembrance (A sound of a distant horn) | 00:01:20 |
7 | A Farewell to Land | 00:01:37 |
8 | Three Improvisations | 00:03:30 |
11 | Mists | 00:02:18 |
12 | Nature's Way | 00:02:00 |
13 | Spring Song | 00:01:24 |
14 | Songs my mother taught me | 00:02:54 |
15 | Memories (Very Pleasant, Rather Sad) | 00:02:46 |
17 | In the Alley | 00:02:37 |
18 | Sunrise | 00:07:37 |
19 | Song Without (Good) Words | 00:04:45 |
20 | The Circus Band | 00:02:13 |
21 | Remembrance (A sound of a distant horn) | 00:01:27 |
22 | Like A Sick Eagle | 00:02:24 |
23 | Where the Eagle | 00:02:09 |
24 | Largo | 00:06:05 |
25 | Feldeinsamkeit | 00:03:57 |
26 | Ilmenau | 00:02:03 |
27 | Remembrance (A sound of a distant horn) | 00:01:18 |
Interpreten der Einspielung
- Julia Sophie Wagner (Sopran)
- Steffen Schleiermacher (Klavier)
- Ensemble Avantgarde (Ensemble)