Skride Piano Quartet
Mozart • Brahms • Mahler
Orfeo C 946 191
1 CD • 71min • [P] 2019
27.06.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Schon immer haben die Geigerin Baiba und die Pianistin Lauma Skride leidenschaftlich gern Kammermusik gemacht. Was lag also näher, als sich mit den jüngeren Kolleginnen Lise Berthaud (Viola) und Harriet Krijgh (Cello) zu einem „Ladies only“-Klavierquartett zusammenzuschließen. Nach Auftritten bei verschiedenen Kammermusikfestivals legen sie nun bei Baibas Hauslabel Orfeo ihre Debüt-CD vor.
Mit dem Quartett in g-Moll KV 478 aus dem Jahre 1785 von W.A. Mozart präsentieren sie gleichsam den Urvater der Gattung, da es sich hier um das erste für diese Besetzung im Druck erschienene Werk handelt, das aufgrund seiner Beliebtheit weitere Komponisten von Beethoven bis Schnittke zu weiteren Gattungsbeiträgen anregte. Es handelt sich um ein „Quatuor concertant“, also ein verkapptes Klavierkonzert mit Streicherbegleitung. Lauma Skride artikuliert fein, spielt transparent und ziert die Fermate im Rondofinale elegant aus. Die Streicher unterstützen sie mit wendigem, vibratoarmem und „sprechendem“ Klang im Sinne der historisch-informierten Aufführungspraxis.
Gustav Mahlers „Nicht zu schnell“ für Klavierquartett stammt aus seiner Studienzeit bei Walter Krenn, dem Kollegen Anton Bruckners am Konservatorium der Musikfreunde in Wien. Es ist um 1878 entstanden, jedoch erst seit 1973 im Druck greifbar. Dem 18-Jährigen gelingt hier ein düsteres Amalgam aus brucknerscher Modalität und Tristan-Chromatik Wagners, die mit einigen Spritzern norwegischen Quellwassers à la Grieg parfümiert werden. Das Skride-Quartett legt eine eher strenge, sehr geschlossene Interpretation vor. Ob sich diese aber mit Vortragsanweisungen wie „Sehr leidenschaftlich“ und „Entschlossen“ deckt, mag bezweifelt werden. Hier hätte eine größere agogische Flexibilität, durch die auch die arg gepfuschten 32-tel in den Takten 111 und 113 vermeidbar gewesen wären, das Jugendlich-Genialische des Werks deutlicher hervorgebracht.
Johannes Brahms‘ Quartett op. 25 in g-Moll – das Arnold Schönberg später orchestrierte – dürfte wohl der am häufigsten eingespielte Gattungsbeitrag sein, so dass man diese Wahl als mutig bezeichnen muss. Ähnlich wie beim Mahler-Quartettsatz vermisst man hier eine ausgefeilte Agogik. Dies wäre verzeihlich, wenn wenigstens die Balance zwischen Streichern und Klavier stimmte. Leider dominiert hier das Klavier derartig, dass von Brahms‘ kunstvoller Polyphonie nur wenig übrigbleibt, da wesentliche thematische Einwürfe der Streicher (Reprise des Themas im Andante con moto!) nur zu erahnen sind. Das wird besonders dann deutlich, wenn man die Spitzenaufnahmen des Werks (E. Gilels/Amadeus-Quartett, M.-A. Hamelin/Leopold-Trio, D. Han/ I.Faust et al.) zum Vergleich heranzieht. Dort wurde die Hemiolenbildung im Trio-Thema des Intermezzos verstanden, stimmt die Phrasierung im „Andante con moto“, wird das „Zingarese“ mit mehr Paprika serviert. Die mitreißendste Version gelingt hier Hamelin mit den Leopolds.
Fazit: Als CD für Konzertveranstalter sowie als Souvenir an einen bewegenden Konzertbesuch mit hoffentlich mutiger agierenden Streichern durchaus geeignet. Leider schaffen es der ausgezeichnet musizierte Mozart und der ordentlich gestaltete Mahler nicht, die offenkundigen Schwächen im Brahms auszugleichen.
Vergleichseinspielungen: Brahms op. 25: E. Gilels/Amadeus-Quartett DG 447407-2, M.-A. Hamelin/Leopold-Trio, Hyperion CDA 67471-2, D. Han/I. Faust, B. Giuramna A. Meunier, Brilliant Classics 93040.
Thomas Baack [27.06.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Klavierquartett Nr. 1 g-Moll KV 478 | 00:23:49 |
Gustav Mahler | ||
4 | Quartettsatz a-Moll für Violine, Viola, Violoncello und Klavier | 00:10:46 |
Johannes Brahms | ||
5 | Klavierquartett Nr. 1 g-Moll op. 25 | 00:36:52 |
Interpreten der Einspielung
- Skride Piano Quartet (Klavierquartett)